Dienstag, 19. Juli 2016

Kamm-Bike-Cross



17.07.2016

Sechs Uhr klingelt der Wecker. Draußen ist`s noch dunkel, oder bewölkt, oder beides. Keine Ahnung, die Äuglein wollen einfach nicht richtig aufgehen. Kalt ist es auch, also ziehe ich nochmal die Bettdecke über den Schädel und genehmige mir eine halbstündige Verlängerung, die mein Befinden aber nicht wirklich verbessert. Das halbe Glas Sekt und die beiden alkoholfreien Biere, die ich mir bei der Feierlichkeit am Vorabend hinter die Binde goss, haben dem Straßenfahrer offensichtlich zugesetzt. Mit Mühe klettere ich aus den Federn, immerhin gibt es auch Verpflichtungen jenseits der Rennstrecke. Die große Raubtierfütterung, Latrinendienst am Katzenklo und der Müll muss auch noch raus. Fräulein Hanni ist schon in Spiellaune, Friedo Mütze möchte Streicheleinheiten und der Geschirrspüler leert sich leider auch nicht von selbst. Naja…typische Männerarbeiten eben.

Irgendwann flegelt der Straßenfahrer aber doch noch auf der Ottomahne und mümmelt seinem Haferkrimskrams mit dem Schnickschnacktopping. Die App mit dem Wetterradar zeigt ein flächiges Regengebiet, das vom Norden her aufzieht. Na klasse, den Start der zweiten Saisonhälfte hatte ich mir etwas freundlicher vorgestellt. Mir vergeht der Appetit! Drei Mal aktualisiere ich die Seite, dann ist ein Irrtum ausgeschlossen. Heute wird es nass, sehr nass! Schöne Cheiße! Vielleicht hält es bis Mittag aus - denke ich in guter Hoffnung - da klopfen auch schon die ersten Regentropfen an die Fensterscheiben. Otto-Normal trinkt an so einem Sonntagmorgen ein Konterbier und haut die Wampe bis zur Tour de France Übertragung auf die Couch. Für die gestandenen Mountainbiker fängt der Spaß bei solchen Bedingungen natürlich erst so richtig an. Dem Straßenfahrer stehen jedenfalls die Haare zu Berge, denn Schlammrennen gehören eindeutig nicht zu dessen Kernkompetenzen! Immerhin, fünf starke Café braucht der alte Mann, um die Option mit dem Konterbier zu verwerfen und sich halbwegs für die anstehende Schlammschlacht zu motivieren.

Etwas wiederwillig befülle ich die Bottels mit Iso-Getränk und verteile großzügig Wärmesalbe auf Rücken und den langen Gräten. Nach all der Hausarbeit und ca. einem Liter Café, liege ich dann endlich ein paar Schläge über Ruhepuls, bin auf Betriebstemperatur und kann wieder aufrecht stehen.  Auch Anne hat Ihre sieben Sachen gepackt, denn Sie übernimmt die Verbottelung für unser Team, da sich heute auch Paul und Marlene angekündigt haben. Johanngeorgenstadt erreichen wir kurz vor neun, und ergattern noch einen der begehrten Parkplätze hinterm Loipenhaus. Ein kleiner Lichtblick, denn es ist trocken und Regenwolken kann man noch nicht ausmachen. Dafür ist’s am Kamm ein paar empfindliche Grad kälter wie @home in C1D. Egal, Hauptsache es bleibt noch etwas trocken. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Ich trenne mich also von der kuscheligen Sitzheizung und hole die Startunterlagen, wo mir Rico Leistner vor die Füße läuft, der gerade für die Kurzstrecke eingecheckt hat, und mit dem ich mich dann ein paar Minuten verquatsche. Vorm Festzelt wird’s indes immer dunkler, und uns schwant schon nichts Gutes. Dann wird’s ungemütlich, denn die Regenfront erreicht auch den Erzgebirgskamm. Ein kurzer Schauer ist das freilich nicht, soviel ist mal klar. Vorgemeldet bin ich zwar für die Mittelstrecke, aber unter diesen Bedingungen………    Der Weichkäse meldet also für die Kurzstrecke, und macht es sich nochmal im kuscheligen Bus bequem bis das Gröbste vorübergezogen ist.

Während einer kurzen Regenpause mache ich mich startklar und will gerade ins Aufwärmprogramm starten, da geht’s schon wieder los. No way, heute muss es mal aus der Kalten gehen, denn die Rolle habe ich nicht dabei. Unterschlupf finde ich im Zielpavillon und mümmle erst mal einen Energieriegel. Wenn schon nicht aufgewärmt, dann wenigstens nicht hungrig am Start stehen. Zeitnah rolle ich zum Platz des Bergmanns, wo sich gerade die „Einführungsrunde“ zur Startaufstellung trifft. Ich parke rechts neben Immanuel „FKJ“ Stark ein, und bin, genauso wie alle anderen Anwesenden, etwas über dessen Hinterradbereifung überrascht, um nicht zu sagen erheitert. Wo im Normalfall und unter diesen Wetterbedingungen Stollen zu finden sein sollten, da ist der Reifen so glatt wie ein Babypopo. Nein, kein Semislick, es sieht beinahe so aus als hätte FKJ einen Rollenreifen auf der Felge. Keine Rille, keine Noppe, komplette Glatze! Die Meute hat reichlich Gesprächsstoff….

 
Gute Nachrichten gibt es auch, denn aus erster Hand erfahre ich, dass FK, nach überstandener Wirbelsäulen OP schon wieder im Sattel saß und sein gesegneter Bratwurstappetit wäre wohl auch noch vorhanden. Es scheint also weiterhin aufwärts zu gehen beim Übermensch. Daumen hoch Sebastian!!!

Pünktlich halb elf geht es dann auf die Reise und relativ gesittet den Straßenanstieg zum Butterweg hinauf. Nach den anfänglichen Positionskämpfen macht erst mal Tretungeheuer Markus Thiel die Pace. Ich erwische sein Hinterrad, halte mich an dessen Sattelstütze fest und lasse mich, bis kurz vorm Kamm, von Ihm den Butterweg hinaufschleppen. Hat er gar nicht gemerkt, bei seinem Kraftüberschuss! Hihi. So ausgeruht kann ich dann auch Felix Fritschs Tempoverschärfung, die er kurz vor der Kuppe ansetzt, parieren, und rolle hinter Jan Brettschneider, der sich kurzzeitig etwas abgesetzt hat, in die Abfahrt zurück zum Zielgelände auf die Schwefelwiese. 

 
Positionskämpfe gibt es auch nochmal vorm ersten Trail, den ich hinter Jan und Felix hinunterrutsche. Schlammig ist es, und so schmiert Felix vor mir beinahe ab. Aber der kann ja zum Glück Radfahren und so muss ich nicht vom Bock. Es bildet sich im folgenden Anstieg eine größere Spitzengruppe, die geordnet auch den zweiten Wurzeltrail durchrollt. Dann geht’s in den langen Anstieg, den Kamm wieder hinauf, wo nicht mehr gekleckert - sondern geklotzt wird. Viele Möglichkeiten gibt es auf der Runde nicht um seine Widersacher zu distanzieren, also ziehe ich hier ordentlich am Horn. Felix in der linken, der Straßenfahrer in der rechten Spur. Hinter uns Survival of the fittest.

Am Kamm versuche ich mich nach vorne abzusetzen, aber Jan, der 2 Rundem fährt, lässt mich nicht gewähren, da er sich wohl nicht sicher ist, für wie viele Runden der Straßenfahrer gemeldet hat. Naja, hab halt vergessen Ihm den nötigen Wink zu geben, immerhin stand ich ja auf der Liste der Vorgemeldeten Mittelstreckler. Jan und Felix biegen vor mir in den folgenden Trail ein. Direkt hinter mir kann ich hier noch FKJ, Mirko Gräßler und Stefan Liebl ausmachen, der mir als einziger Kurzstreckler an den Fersen klebt. Die nächste Gruppe ist aber auch nicht weit weg, wo die Kurzstreckler Lassek und Leistner um Anschuss kämpfen.

Im Trail verliere ich auf Jan und Felix einige Meter, da ich schon so viel Dreck in den Augen habe, das ich kaum noch die Spur sehen kann und mich beinahe versteuere. Ich setze, so gut es eben geht, hinterher, und hadere etwas mit der Entscheidung ohne Brille unterwegs zu sein. Stefan, der mir am Hinterrad klebt, hat aber auch so seine Sichtprobleme, denn die Brille ist halt irgendwann auch mal dicht.

Da brat mir einer nen Storch, aber FKJ ist mit „Glatze“ ganz solide unterwegs! Mit Ihm und Stefan rolle ich zügig die lange, folgende Abfahrt hinunter. Wir überquerer gemeinsam die Halde und auch an der Trailauffahrt zur Schanze sind wir noch immer beisammen. FKJ fährt 3 Runden und bedarf natürlich keiner Aufmerksamkeit, also lasse ich Ihn als ersten in die Auffahrt gehen. Stefan folgt FKJ, der Straßenfahrer heftet sich ans Hinterrad. Stefan muss FKJ im Trail etwas ziehen lassen, der scheinbar wirklich keine Traktionsprobleme hat, ich klemme direkt an Stefans Hinterrad, der oben an der Schanze etwas müde wirkt, was ich nutze um die Schlagzahl wieder etwas zu erhöhen. Stefan kann aber folgen, und so sind wir am finalen Wiesenanstieg noch immer beisammen. 


Ich rolle zuerst aufs Gras und steigere das Tempo kontrolliert bis an die eigene Kotzgrenze. Das scheint zu reichen, denn Stefan lässt nach einigen Metern reißen. Ca. fünfzig Meter kann ich mich absetzen, dann erreichen wir die Rollerbahn, wo ich hinterm Festzelt auf die Zielgerade einbiege, und, wie schon 2015, die Gesamtwertung der Kurzstrecke gewinnen darf.

Kurz dahinter natürlich Stefan auf dem 2. Platz, der ein wirklich starkes Rennen fuhr! Dahinter Rico Lassek, mit der ersten Verfolgergruppe, auf Platz 3.

Ein gratis Konterbier gab`s nach dem Rennen auch noch abzustauben (natürlich Bleifrei!), und etwas Sonne haben wir zur Siegerehrung dann auch noch gesehen. Ich hab schon schlimmere Sonntage erlebt!

Bleibt gesund und bis die Tage.

Euer Straßenfahrer


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