09.04.2016
Sechs Uhr morgens reißt mich
lautes Vogelgezwitscher aus meinem wohl verdienten, fünfmonatigen Winterschlaf.
Die letzten Fettreserven sind aufgebraucht, die Muskulatur atroph, und die Form
der vergangenen Rennsaison - nicht mehr als eine schöne Erinnerung. Die ersten
Blüten färben das winterliche Einheitsgrau in hellbunt, und auch unsere beiden
Mietzen, „Fräulein Hanni“ und „Friedo Mütze“ haben sich vom Winter
verabschiedet und verteilen ihre flauschige Unterwolle im gesamten Haus.
Die letzten Monate haben Ihre
Spuren hinterlassen, denn die neuen SPORT-WERK Teamklamotten passen dem 3 Meter
großen Straßenfahrer in Size M! Keine Ahnung ob das ein gutes Zeichen ist, die
ersten Leistungstests sehen jedenfalls ganz solide aus – besonders wenn man
mein greises Alter berücksichtigt. Was solls, eine Saison geht schon noch, auch
wenn mein alter Herr immer meint: „..ich solle die jungen Burschen doch nicht
mehr so ärgern.“
Der Samstagmorgen ist kalt
aber sonnig, und für den Kyffhäuserkreis ist ein milder Frühlingstag in
Aussicht gestellt. Beste Voraussetzungen also für einen lustigen Saisoneinstieg
mit voller Teampräsenz, denn alle 4 SPORT-WERKER haben für das heutige Rennen
gemeldet. Während ich auf meinen neuen Teamkollegen und Mitfahrer Phil warte,
der noch einen knappen Meter größer ist wie der Straßenfahrer himself, trinke
ich noch einige Cafés und verdrücke eine Portion frisch geflockten Haferbrei
mit allerlei Schnick-Schnack on top. Phil ist pünktlich, die Anfahrt kurzweilig
und Bad Frankenhausen Punkt zehn Uhr erreicht.
Ein ruhiger, kostenfreier
Parkplatz ist schnell gefunden, David mit Freundin Sarah lassen auch nicht
lange auf sich warten, und auch Ex-Teamkollege Dr.O parkt direkt neben uns, der
ab dieser Woche in des Straßenfahrers Altersklasse wildert. Wir werden eben
alle nicht jünger! Nochmals Glückwunsch Doc und alles Gute für die neue Saison!
Beim Warmrollern treffen wir dann auch noch unseren Paule, der mit seiner
sportbegeisterten Familie aus Dresden angereist ist. Die Zeit vergeht heute wie
im Flug und bei einer Tasse Cafe verpenne ich beinahe die Startaufstellung, in
die ich rückwärts, weil stark verspätet, einparken muss.
Volle Bude Junge! Das
gemeinsame Fahrerfeld der Mittel und Langstrecke platzt aus allen Nähten, und
hinter den potenziellen Potenzialkandidaten scharrt die Meute mit den Hufen. Knall
und los. Die ersten zehn schnellen Rennkilometer sind ein Garant für
Massenstürze und so klemme ich mich erst mal zwischen die Räder von Peter
Hermann, Stefan Danowski und direkt hinter Felix Fritzsch, die sich mit viel
Übersicht in den vorderen Reihen bewegen. Der erste Abzweig von Asphalt auf
Schotter bestätigt meinen Riecher, denn einige Reihen hinter uns gibt es
erstmals lautstarken Bodenkontakt. Das klang nicht gut, aber wird sich bis zum
ersten Anstieg, an dem das Feld dann endlich entzerrt wird, noch 2 mal
wiederholen. Wie ich später erfahre hat es auch Dr.O ziemlich hart erwischt,
der sich beim letzten Massensturz einseitig neu tapeziert. Gute Besserung Doc,
wir hoffen Du bist schnell wieder auf dem Posten!
Entzerrt wird im ersten
Anstieg dann auch gleich richtig, und so finde ich mich kurz hinter der ersten
Verfolgergruppe um S. Danowski und Steinbiker D. Kletzin wieder, mit dem ich
schon im letzten Jahr über den Kyffhäuser drücken durfte. Ein feiner junger
Mann mit ordentlich Zug auf der Kette! So brauche ich dann auch einige Minuten
um aufzuschließen, aber die Mühe wird belohnt, denn die Gruppe läuft ganz
ordentlich, und der alte Mann kann im Windschatten erst mal durchschnaufen und
die Lage sondieren. Nachdem ich es also endlich schaffe wieder über den Lenker
zu gucken und die anwesenden Langstreckler ausklammere, bleiben da nur
Ex-Teamkollege Daniel und „Rauschebart“ Felix Karnatz, mit grüner 40km
Mittelstreckennummer in der direkten Konkurrenz, denn auch der Straßenfahrer
hat für Mittelstrecke gemeldet.
So geht es über den
Fernsehturm in Richtung Kyffhäuser und ich frage mich schon die ganze Zeit
warum Dano sein Fully aufgetragen hat, da dieses Rennen ja primär auf
Waldautobahnen rollt. Meine Frage beantwortet sich spätestens nach der Abfahrt
vom Kyffhäuser, als wir auf einen längeren, umgepflügten Waldweg abbiegen, der
die alten Knochen ganz ordentlich durchrüttelt, da hier wohl neulich schwere
Rückearbeiten stattfanden. Dano gleitet im Anstieg spielerisch davon, die
Gruppe hoppelt hinterher, kann aber bis zur Abfahrt nach Udersleben wieder
aufschließen.
Auf der letzten Gerade nach
der Ortsdurchfahrt, also gleich hinterm Flugplatz, geht Daniel noch 2 harte
Attacken - die ich mitgehe - aber Felix Karnatz nicht wirklich abkoppeln
können. Die Gruppe rollt wieder zusammen und ich ahne schon dass es ein Fehler
ist, hier nicht selbst nochmal ordentlich anzurucken und die Sache klar zu
machen. Eine Schrecksekunde gibt es für mich dann noch kurz vorm finalen
Downhill nach Bad Frankenhausen, als Daniel in einer Spurrinne einfädelt und
sich quer vor mir lang macht. Nur mit viel Glück, und noch weniger Steuerkunst,
erwischt es mich hier nicht selbst! Danos Hinterrad erreichte ich noch kurz
vorm Downhill, und wähne mich schon in Sicherheit, da ab hier ja kaum noch
Überholmöglichkeiten bestehen. Denkste, denn im ruppigen Steilstück nach der
Wiese drückt sich Rauschebart Felix noch innen am Straßenfahrer vorbei, und
segelt quasi im Sturzflug über die folgende, schmale Schotterpiste hinunter zum
Ziel.
Laut STRAVA Auswertung
verliere ich hier sieben Sekunden, bleibe aber immerhin am Leben. Naja, wen
wundert’s, da ich in den letzten Monaten beinahe ausschließlich auf dem Straßenrad
trainiert habe und die Offroadroutine noch immer Winterschlaf hält. Auf den
letzten Metern durch Bad Frankenhausen kann ich wieder etwas aufschießen,
verliere damit dennoch, um knappe sechs Sekunden, den 3. Platz der
Gesamtwertung im 40km Mittelstreckenrennen. Die Altersklasse gewinne ich mit
zweieinhalb Minuten Vorsprung, die hier aber nicht geehrt wird. Dafür geht’s in
der Gesamtwertung bis Platz 6 auf die „Bühne“, wo Downhiller Felix mit
Abwesenheit glänzt. Vermutlich hat sich sein Rauschebart beim Ausrollern in der Kette verfangen. Aber naja….wer im Glashaus sitzt…. ;-)
Marco Häntschel Max Feger (Felix Karnatz) der Straßenfahrer Patrick Wolf Paul Lichan |
Bleibt gesund und bis die
Tage
Euer Straßenfahrer
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