07.08.2016
Irgendetwas reißt den
Straßenfahrer aus dem Schlaf. Es herrscht Orientierungslosigkeit. Im Zimmer ist
es zappenduster und beängstigend still. Die Matratze ist viel zu weich, das
Bett viel zu kurz und der Bettbezug kratzt an den rasierten Stelzen. Anne liegt
irgendwie auf der falschen Seite und zwischen unseren Betthälften klafft eine
riesige Besucherritze. Wo in aller Welt, …..ach ja, …..Hotelbett, ….Wettiner
Höhe. Langsam komme ich zu mir und merke das die Blase drückt. Ich schlürfe
über den in die Jahre gekommenen Teppich ins „vier“ Sterne Bad, wo mich das
grelle Oberlicht gänzlich aus dem Schlaf reißt. Wo ich schon mal wach bin,
versuche ich die ausgezeichneten Sterne im Bad zu finden, was mir nicht
gelingt. Nach fünf Minuten Sucherei breche ich gelangweilt ab. Auf dem Rückweg
schaue ich am Fenster vorbei, was auch mal wieder geputzt werden müsste, aber
einen wirklich schönen Blick auf die EBM-Startwiese gewährt. Die ist natürlich
Menschenleer, denn es ist gerade mal zwei Uhr nachts, also krieche ich wieder
unter die Decke und versuche nochmal an der Matratze zu horchen. Kuscheln ist
nicht, denn beim Versuch verschlingt mich die Besucherritze. Irgendwie schaffe
ich es mich geräuschlos zu befreien um Anne nicht auch noch zu wecken und rolle
mich auf den Rücken. Mir ist langweilig, also fahre ich mehrfach die Strecke
ab….
Sechs Uhr morgens schafft es
der alte Mann tatsächlich nochmal richtig einzuschlafen, aber da klingelt auch
schon der Wecker. Was für eine Nacht. Über das Frühstücksbüfett will ich nicht
meckern, denn ich habe eine Tupperdose Kamutpfannkuchen mit Holundergelee
dabei. Beim Filterkaffee kann ich leider nicht an mir halten, denn der ist
heute wirklich unterirdisch, um nicht zu sagen grottig. Rein muss der trotzdem,
denn auch mit viel guten Willen kann ich noch immer keinen Puls messen,
geschweige denn die vier Sterne finden, denn auch die Fenster im Speiseraum
müssten dringend mal gewienert werden! Ein kurzer Verdauungsschlaf passt noch
ins Programm, dann wird es aber höchste Eisenbahn in die Montur zu springen,
und sich etwas warm zu rollern. Vorm Hotel finde ich dann endlich auch die
versprochenen Sterne, die gut sichtbar
auf einer Tafel im Eingangsbereich prangen und über die kleinen
Unzulänglichkeiten und Hygienemängel unserer Unterkunft hinwegtäuschen. Naja,
einige würden sagen: „Sternekategorie ist immer Landestypisch“...(was zum
Nachdenken anregt)… andere wiederum meinen, das wäre: „Jammern auf hohem
Niveau.“ Humor ist jedenfalls, wenn man trotzdem lacht….bei dem Preis, der hier
für die Übernachtung aufgerufen wird.
Zurück zum Wesentlichen! Mit
einigen Ergebnissen konnte sich der alte Mann für den ersten Startblock
qualifizieren, was dem Tagesziel, dem Gesamtpodest im Shortrace, eine gute
Basis schafft. Mit der Strecke habe ich mich in den letzten Jahren schon
angefreundet, und auch das Vorjahresergebnis, ebenfalls auf der Short, konnte
sich sehen lassen. Jedenfalls für den Straßenfahrer, der sich beim Downhill
meist im Einparken übt.
Punkt neun Uhr geht der Spaß
dann los. Erstmal neutralisiert die Alp hinunter und auf die Hauptstraße, wo
das Rennen dann freigegeben wird und die riesige Meute am Horn zieht. Das Tempo
am Straßenanstieg der Einführungsrunde kann ich ganz gut mitgehen, auch wenn
die Wattwerte hier bereits zur Vorsicht mahnen, denn die liegen weit, weit
oberhalb der Schwelle. An ca. zwanzigster Position zieht der Dreimetermann den
Kopf ein und versucht im Windschatten nur das nötigste zu investieren, um nicht
nach hinten durchgereicht zu werden, was auch ganz gut gelingt.
Zurück auf der Hauptstraße
bin ich noch immer vorne dabei, und kann, fünfzig Meter vorm Abzweig hinauf
zur Alp de Wettin, mit einem kurzen
Antritt als ca. Fünfter in den Anstieg gehen. Kontrolliertes Tempo ist
angesagt, auch wenn hier einige recht ordentlich angasen. Der alte Mann geht
als Neunter über die Kuppe und sucht den Anschluss zur Spitze, was am Waldrand
auch gelingt. Durchschnaufen, das läuft!
Die ersten Trails bieten dann
die Möglichkeit sich etwas zu orientieren und zu peilen wer dem angeschlagenen
Tempo bisher wiederstehen konnte. Vorne dabei sind natürlich die üblichen
Heizer, mit C. Kreuchler, F. Fritzsch, J. Heidenreich, T. Eise, S. Heinke, J.
Bretschneider, S. Golz, D. Kletzin, P. Herrmann, um nur einige zu nennen. Und
auch von hinten kommen noch einige aufgeschlossen und pflügen durch die Gruppe.
Dabei fliegt M. Stein, mein Ex-Teamkollege von den Stein-Bikern, mit so viel
Geschwindigkeitsüberschuss an der Gruppe vorbei, das ich beinahe glaube zu
stehen. Ruhig Blut, und nicht irritieren lassen, denn Renneinteilung ist Steinis Ding nicht, und so orientiere ich
mich lieber an der NP meines Powermeters, das mir zur Vorsicht rät, immerhin
sind noch ein paar Kilometer und auch einige Höhenmeter zu bezwingen und das
bisherige Tempo recht hoch. Die Heizer der Mittel und Langstrecke mal
ausgeklammert, liege ich vermutlich in den Top fünf der Short, und orientiere
mich an J. Brettschneider, U. Schmittlutz, S. Golz und Stein-Biker D. Kletzin,
der heute wirklich gute Beine hat und ein super Rennen fährt.
Die neue Abfahrt in den
Seiffener Grund hatte unser Team im Training schon unter die Reifen genommen,
und so finde ich auch jetzt die Ideallinie und muss mich nicht im Einparken
üben. Ganz im Gegenteil! Ich vermute der ewige STRAVA-Rekordhalter des Seiffener
Grunds: „der Einzigartige, oft kopierte, aber selten erreichte, mehrfachen
Deutschen Masters Meister im XCO und Marathon – Ihr kennt In alle! – wäre stolz
auf den Straßenfahrer und dessen heutige Downhillperformance. Schade das er
heute nicht anwesend ist! Vielleicht errät ja der Straßenfahrer die diesjährige
Jahreskilometerleistung des Ausnahmetalents, und gewinnt eine Trainingseinheit
beim Meister, um die Trails in Zukunft noch schneller zu rocken. Drückt mir die
Daumen!
Im Gegenanstieg schließe ich mit
guten Beinen zu Benjamin Michael, dem Mann mit den zwei Vornahmen, auf, mit dem
ich recht gut harmoniere und einige Kilometer absolviere. Benny fährt die
Mittelstrecke, da kommen wir beide uns auch nicht ins Gehege. Ein Stück weit
lasse ich mich ziehen, erhole mich kurz, führe noch ein Stück, dann schließen
wir am Wasserturm zu Kurzstreckler S. Golz auf, den ich in Folge abstellen
kann. Der hat in der Einführungsrunde wohl etwas überzogen, und gerade Besuch
vom Mann mit dem Hammer.
Nach vorne trennen mich jetzt
noch ca. zwanzig Sekunden von Jan Brettschneider und Florian Anderle, auf den
Plätzen drei und vier. Die Beine drehen beständig gut, und sollte ich mich
nicht total verschätzen, dann laufe ich spätestens an der Hauptstraße auf die
Gruppe um die beiden Kurzstreckler auf. Da geht noch was, denke ich, als es
unter mir verdächtig knackt und der Sattel plötzlich recht lose in der
Sattelstütze herumklappert. Bruch oder einfach nur lose? Keine Ahnung. Zum
Anhalten ist keine Zeit, und gerade als ich mir einreden will, das der Sattel
schon noch bis ins Ziel halten wird, verabschiedet sich dieser von der Stütze
und der Straßenfahrer von einer möglichen Podest Platzierung. Ich lege eine
Vollbremsung hin, setze kurz zurück, stecke mir den Sattel ins Unterhemd und
hample erst mal im Wiegetritt weiter. Jetzt bloß nicht hinsetzen! Bis zum Ziel sind’s noch gute fünf
Kilometer, die ich, wohl oder übel, im Stehen zubringen muss, da natürlich die
Wippe der Stütze verlustig ging und eine Wiedermontage des Sattels so unmöglich
macht. Schöne Cheiße!
Trotzdem überholen mich bis
zum Ziel erstaunlich wenige Fahrer, so dass ich immerhin noch als Vierzehnter
die Ziellinie sehe und trotzdem meine Altersklasse gewinne. Top 3 war heute
möglich, aber da kann auch Kunibärt in Gold, den es für den AK Sieg gibt, nicht
drüber hinwegtrösten.
Zum Schluss noch ein dickes
Lob an Albrecht Dietze und seine ebm-Crew, die mal wieder ein erstklassiges Event
auf die Beine stellten! Sollte sich der alte Mann auch im nächsten Jahr noch
selber die Schnürsenkel zubinden können, dann sehn wir uns auch bei der 25.
Jubiläumsausgabe. Pionierehrenwort!
Bleibt gesund und bis die
Tage.
Euer Straßenfahrer
Der goldene Kunibärt |
Alles zum Rennen und die
Ergebnisse, guckst Du hier: http://www.erzgebirgs-bike-marathon.de/
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