Mittwoch, 10. August 2016

Erzgebirgs-Bike-Marathon



07.08.2016

Irgendetwas reißt den Straßenfahrer aus dem Schlaf. Es herrscht Orientierungslosigkeit. Im Zimmer ist es zappenduster und beängstigend still. Die Matratze ist viel zu weich, das Bett viel zu kurz und der Bettbezug kratzt an den rasierten Stelzen. Anne liegt irgendwie auf der falschen Seite und zwischen unseren Betthälften klafft eine riesige Besucherritze. Wo in aller Welt, …..ach ja, …..Hotelbett, ….Wettiner Höhe. Langsam komme ich zu mir und merke das die Blase drückt. Ich schlürfe über den in die Jahre gekommenen Teppich ins „vier“ Sterne Bad, wo mich das grelle Oberlicht gänzlich aus dem Schlaf reißt. Wo ich schon mal wach bin, versuche ich die ausgezeichneten Sterne im Bad zu finden, was mir nicht gelingt. Nach fünf Minuten Sucherei breche ich gelangweilt ab. Auf dem Rückweg schaue ich am Fenster vorbei, was auch mal wieder geputzt werden müsste, aber einen wirklich schönen Blick auf die EBM-Startwiese gewährt. Die ist natürlich Menschenleer, denn es ist gerade mal zwei Uhr nachts, also krieche ich wieder unter die Decke und versuche nochmal an der Matratze zu horchen. Kuscheln ist nicht, denn beim Versuch verschlingt mich die Besucherritze. Irgendwie schaffe ich es mich geräuschlos zu befreien um Anne nicht auch noch zu wecken und rolle mich auf den Rücken. Mir ist langweilig, also fahre ich mehrfach die Strecke ab….

Sechs Uhr morgens schafft es der alte Mann tatsächlich nochmal richtig einzuschlafen, aber da klingelt auch schon der Wecker. Was für eine Nacht. Über das Frühstücksbüfett will ich nicht meckern, denn ich habe eine Tupperdose Kamutpfannkuchen mit Holundergelee dabei. Beim Filterkaffee kann ich leider nicht an mir halten, denn der ist heute wirklich unterirdisch, um nicht zu sagen grottig. Rein muss der trotzdem, denn auch mit viel guten Willen kann ich noch immer keinen Puls messen, geschweige denn die vier Sterne finden, denn auch die Fenster im Speiseraum müssten dringend mal gewienert werden! Ein kurzer Verdauungsschlaf passt noch ins Programm, dann wird es aber höchste Eisenbahn in die Montur zu springen, und sich etwas warm zu rollern. Vorm Hotel finde ich dann endlich auch die versprochenen  Sterne, die gut sichtbar auf einer Tafel im Eingangsbereich prangen und über die kleinen Unzulänglichkeiten und Hygienemängel unserer Unterkunft hinwegtäuschen. Naja, einige würden sagen: „Sternekategorie ist immer Landestypisch“...(was zum Nachdenken anregt)… andere wiederum meinen, das wäre: „Jammern auf hohem Niveau.“ Humor ist jedenfalls, wenn man trotzdem lacht….bei dem Preis, der hier für die Übernachtung aufgerufen wird.

 

Zurück zum Wesentlichen! Mit einigen Ergebnissen konnte sich der alte Mann für den ersten Startblock qualifizieren, was dem Tagesziel, dem Gesamtpodest im Shortrace, eine gute Basis schafft. Mit der Strecke habe ich mich in den letzten Jahren schon angefreundet, und auch das Vorjahresergebnis, ebenfalls auf der Short, konnte sich sehen lassen. Jedenfalls für den Straßenfahrer, der sich beim Downhill meist im Einparken übt.

Punkt neun Uhr geht der Spaß dann los. Erstmal neutralisiert die Alp hinunter und auf die Hauptstraße, wo das Rennen dann freigegeben wird und die riesige Meute am Horn zieht. Das Tempo am Straßenanstieg der Einführungsrunde kann ich ganz gut mitgehen, auch wenn die Wattwerte hier bereits zur Vorsicht mahnen, denn die liegen weit, weit oberhalb der Schwelle. An ca. zwanzigster Position zieht der Dreimetermann den Kopf ein und versucht im Windschatten nur das nötigste zu investieren, um nicht nach hinten durchgereicht zu werden, was auch ganz gut gelingt. 



Zurück auf der Hauptstraße bin ich noch immer vorne dabei, und kann, fünfzig Meter vorm Abzweig hinauf zur  Alp de Wettin, mit einem kurzen Antritt als ca. Fünfter in den Anstieg gehen. Kontrolliertes Tempo ist angesagt, auch wenn hier einige recht ordentlich angasen. Der alte Mann geht als Neunter über die Kuppe und sucht den Anschluss zur Spitze, was am Waldrand auch gelingt. Durchschnaufen, das läuft!



Die ersten Trails bieten dann die Möglichkeit sich etwas zu orientieren und zu peilen wer dem angeschlagenen Tempo bisher wiederstehen konnte. Vorne dabei sind natürlich die üblichen Heizer, mit C. Kreuchler, F. Fritzsch, J. Heidenreich, T. Eise, S. Heinke, J. Bretschneider, S. Golz, D. Kletzin, P. Herrmann, um nur einige zu nennen. Und auch von hinten kommen noch einige aufgeschlossen und pflügen durch die Gruppe. Dabei fliegt M. Stein, mein Ex-Teamkollege von den Stein-Bikern, mit so viel Geschwindigkeitsüberschuss an der Gruppe vorbei, das ich beinahe glaube zu stehen. Ruhig Blut, und nicht irritieren lassen, denn Renneinteilung ist  Steinis Ding nicht, und so orientiere ich mich lieber an der NP meines Powermeters, das mir zur Vorsicht rät, immerhin sind noch ein paar Kilometer und auch einige Höhenmeter zu bezwingen und das bisherige Tempo recht hoch. Die Heizer der Mittel und Langstrecke mal ausgeklammert, liege ich vermutlich in den Top fünf der Short, und orientiere mich an J. Brettschneider, U. Schmittlutz, S. Golz und Stein-Biker D. Kletzin, der heute wirklich gute Beine hat und ein super Rennen fährt.

Die neue Abfahrt in den Seiffener Grund hatte unser Team im Training schon unter die Reifen genommen, und so finde ich auch jetzt die Ideallinie und muss mich nicht im Einparken üben. Ganz im Gegenteil! Ich vermute der ewige STRAVA-Rekordhalter des Seiffener Grunds: „der Einzigartige, oft kopierte, aber selten erreichte, mehrfachen Deutschen Masters Meister im XCO und Marathon – Ihr kennt In alle! – wäre stolz auf den Straßenfahrer und dessen heutige Downhillperformance. Schade das er heute nicht anwesend ist! Vielleicht errät ja der Straßenfahrer die diesjährige Jahreskilometerleistung des Ausnahmetalents, und gewinnt eine Trainingseinheit beim Meister, um die Trails in Zukunft noch schneller zu rocken. Drückt mir die Daumen! 


Im Gegenanstieg schließe ich mit guten Beinen zu Benjamin Michael, dem Mann mit den zwei Vornahmen, auf, mit dem ich recht gut harmoniere und einige Kilometer absolviere. Benny fährt die Mittelstrecke, da kommen wir beide uns auch nicht ins Gehege. Ein Stück weit lasse ich mich ziehen, erhole mich kurz, führe noch ein Stück, dann schließen wir am Wasserturm zu Kurzstreckler S. Golz auf, den ich in Folge abstellen kann. Der hat in der Einführungsrunde wohl etwas überzogen, und gerade Besuch vom Mann mit dem Hammer.

Nach vorne trennen mich jetzt noch ca. zwanzig Sekunden von Jan Brettschneider und Florian Anderle, auf den Plätzen drei und vier. Die Beine drehen beständig gut, und sollte ich mich nicht total verschätzen, dann laufe ich spätestens an der Hauptstraße auf die Gruppe um die beiden Kurzstreckler auf. Da geht noch was, denke ich, als es unter mir verdächtig knackt und der Sattel plötzlich recht lose in der Sattelstütze herumklappert. Bruch oder einfach nur lose? Keine Ahnung. Zum Anhalten ist keine Zeit, und gerade als ich mir einreden will, das der Sattel schon noch bis ins Ziel halten wird, verabschiedet sich dieser von der Stütze und der Straßenfahrer von einer möglichen Podest Platzierung. Ich lege eine Vollbremsung hin, setze kurz zurück, stecke mir den Sattel ins Unterhemd und hample erst mal im Wiegetritt weiter. Jetzt bloß nicht hinsetzen! Bis zum Ziel sind’s noch gute fünf Kilometer, die ich, wohl oder übel, im Stehen zubringen muss, da natürlich die Wippe der Stütze verlustig ging und eine Wiedermontage des Sattels so unmöglich macht. Schöne Cheiße!

Trotzdem überholen mich bis zum Ziel erstaunlich wenige Fahrer, so dass ich immerhin noch als Vierzehnter die Ziellinie sehe und trotzdem meine Altersklasse gewinne. Top 3 war heute möglich, aber da kann auch Kunibärt in Gold, den es für den AK Sieg gibt, nicht drüber hinwegtrösten.

Zum Schluss noch ein dickes Lob an Albrecht Dietze und seine ebm-Crew, die mal wieder ein erstklassiges Event auf die Beine stellten! Sollte sich der alte Mann auch im nächsten Jahr noch selber die Schnürsenkel zubinden können, dann sehn wir uns auch bei der 25. Jubiläumsausgabe. Pionierehrenwort!


Bleibt gesund und bis die Tage.

Euer Straßenfahrer

Der goldene Kunibärt  

Alles zum Rennen und die Ergebnisse, guckst Du hier: http://www.erzgebirgs-bike-marathon.de/

Alles zum Team SPORT-WERK.net, guckst Du hier: https://www.facebook.com/sportwerkmtb/?fref=ts

Keine Kommentare: