05.06.2016
Der Wecker klingelt um sechs,
aber da ist der alte Mann schon wach und sinniert mal wieder an der Frage: „Was
stellt man an solchen Sonntagen spannendes an, wenn man sich irgendwann einmal
nicht mehr mit den Jungs auf der Rennstrecke trifft, um sich bei einem
gepflegten Radrennen gegenseitig in die Gusche zu kloppen.“ Die Summe meiner
geistreichen Ergüsse finde ich dabei so aufregend, dass ich beinahe wieder
einpenne, während Fräulein Hanni und Friedo Mütze geschäftig auf dem Bett
herumspringen und mir Ihre Ansichten eines lustigen Sonntagmorgens offerieren.
Recht haben sie! Bissl Action muss schon sein! ...und… „ja doch.…es gibt gleich
was zum Futtern Mädelz.“
Eine heiße Dusche bringt den
Straßenfahrer halber Wege auf Betriebstemperatur, aber nach etwas mehr wie
sieben Monaten im Sattel, und den bereits absolvierten „Frühjahrsklassikern“,
fühle ich mich zwar in Form, jedoch auch etwas ausgelutscht. Laut Rennkalender
wollte ich die Sommerpause etwas später einlegen, aber nach reichlicher
Überlegung halte ich mich an mein Gefühl und den letztjährigen Saisonaufbau.
Ich pausiere also wieder Anfang Juni, bevor mir die Kette vielleicht noch von
alleine vom Blatt springt. Wer das schon mal erlebt hat, der weiß sicherlich
wovon ich da rede. Nicht schön….Also Mut zur Pause!
Der somit vorläufig letzte
Ausflug führt uns heute ins beschauliche Marienberg, im Erzgebirge. Genauer
gesagt in den Ortsteil Gelobtland, am Rande des Miriquidi. Hier hatte eine Hand
voll junger Radsportenthusiasten die zündende Idee einen neuen
Mountainbike-Marathon auf die Beine zu stellen. Die Miriquidi-Bike-Challenge.
Eine lustige 30 km Schleife durch den Marienberger Forst wurde da zusammengestellt,
die unter normalen Bedingungen sicherlich recht zügig zu bewältigen ist. Unter
normalen Bedingungen! Über die Wetterkapriolen der vergangen Tage brauche ich
sicherlich nicht viele Worte zu verlieren, und so mussten die Organisatoren
sogar einige Passagen der Strecke wieder herausnehmen, da man hier, nach all
den heftigen Unwettern der vergangenen Tage, jetzt knietief im Schlamm
versinkt. Die Streckenausschreibung verrät im Wesentlichen 3 längere Anstiege,
von je ca. 150 Höhenmetern, verteilt auf die Mothäuser Heide und das
Schwarzwassertal. Ein paar Drückerpassagen gibt es auch, und man ist schon
geneigt einen Vergleich zum Kamm-Bike-Cross anzustellen, wenn man denn einen
sucht. Ähnlich auch die drei Streckenlängen für die Kurz, Mittel und Langdistanz,
zu, Ihr ahnt es, natürlich 30, 60 und 90km. Wer die Wahl hat, der hat die Qual!
Der voraussichtliche Zustand
der Strecke, aber auch die Aussicht auf einen entspannten Sonntagmorgen,
bestärken den Straßenfahrer in seiner Entscheidung für das Kurzstreckenrennen,
das erst um 11 Uhr startet. Genügend Zeit also um morgens nicht in Hektik
auszubrechen…und,… naja Ihr wisst schon….ein paar Café, ne Folge Columbo, der
Verdauungsschlaf, die 3 Mietzen bespassen...usw. Im Alter wird man halt etwas
eingefahren und bequem.
Das Gelobte Land erreichen
wir kurz nach Start des 90km Rennens, und sehen noch die Langstreckler, die von
der ersten Waldpassage kommend, erstmals über das Schotterbett des alten
Bahndamms holpern. Die sehen nach 5 Kilometern aus, als hätten sie es bereits hinter
sich! Junge, wo sind die denn hineingeraten, denke ich, und rufe Guido noch ein
paar aufmunternde Worte hinterher, der heute die 90km fährt, aber scheinbar
nichts hört, da die Lauschlappen wohl auch eine ordentliche Portion Modder
abbekommen haben. Na das kann ja heiter werden.
Die Anmeldung im Festzelt ist
gut organisiert und schnell erledigt. Auf der Kurzstrecke werden für die
Nachmeldung in Summe zwar 30€ fällig, was einen Euro pro Kilometer abverlangt,
aber bei dem Aufwand der hier schon im Vorfeld betrieben wurde, finde ich das
durchaus noch akzeptabel. Auch die Werbetrommel wurde ordentlich gerührt, denn
bei allen drei Rennen findet sich ein beachtliches Starterfeld zusammen.
Immerhin, hier findet eine Erstaustragung statt!
Wie viele Fahrer im
Startblock der Kurzstrecke stehen kann ich nicht genau sagen, aber die Wiese am
Rundendurchgang ist ordentlich zugeparkt. Die Stimmung ist gut, das Wetter
super und die Temperaturen halten sich auch noch im moderaten Bereich auf. Noch
bissl Smalltalk mit den Ex-Teamkollegen von Stein-Bikes, dann geht es Punkt
11Uhr in die Runde, wo zwei Fahrer vom SSV Mounty Altenberg ganz ordentlich am
Hahn ziehen und das Feld entzerren. Dann geht es auch schon in die erste, kurze
Schleife durch den flachen Stadtwald hinter Gelobtland. Was da auf uns wartet
ist natürlich keine Überraschung! Trotzdem brauche ich erst mal einige Minuten
um mich halbwegs zu sortieren, denn bereits nach wenigen Metern sieht unsere
Gruppe aus wie eine Rotte Wildschweine nach einer zünftigen Schlammsuhle.
Hier übernehmen die beiden
Stein-Biker Stefan und der Meiner die Führung, denn die Mountys haben Ihr
Pulver fürs erste verschossen. Bis zum Bahndamm schaue ich mir das aus zweiter
Reihe an, dann ist es Zeit für eine prüfende Attacke auf dem alten Gleisbett. Das Gas lasse ich bis zum ersten Singletrail stehen, den ich locker und in
Führung liegend durchrolle. Unten schließen einige Fahrer wieder auf, dann geht
es in den ersten, längeren Anstieg, auf dem der Boden von Meter zu Meter tiefer
wird. Am steilsten Stück muss ich vom Bock, denn die Reifen finden keinen Grip
mehr. Zwanzig Meter schliddere ich zu Fuß, dann ist’s wieder halbwegs fahrbar.
Der einzige der das Tempo
hier mitgehen kann, oder will, ist Stefan, aber den muss ich aus taktischen
Gründen an der folgenden, gesandeten Auffahrt abkoppeln, was mir auch gelingt,
denn oben angekommen habe ich schon ca. eine knappe Minute auf Ihn und die
weiteren Verfolger herausgefahren.
In die erste Trailabfahrt,
hinunter ins Schwarzwassertal, gehe ich also mit einigem Vorsprung und ohne
Risiko, erklimme solo auch die zweite Steigung, und halte die Kette ordentlich
auf Spannung. Beine und Puls sind heute in Geberlaune, und die Verfolger kann
ich auf den wenigen geraden Passagen auch nicht mehr ausmachen. Somit ist
natürlich auch der Straßenfahrer aus der Sichtweite seiner Verfolger, was bei
einer Soloflucht natürlich immer von Vorteil ist.
Im Zeitfahrmodus geht es über
den folgenden Bergrücken zur nächsten Abfahrt und wieder hinunter ins
Schwarzwassertal. Eins zwei Wurzeln, ein paar Steine, reichlich Schlamm und
einige lustige Serpentinen, dann bin ich wieder am Schwarzwasser, wo es erst
mal flach am Fluss entlang, zur nächsten Steigung hinauf zum Katzenstein geht.
Hier verpasse ich die STRAVA KOM Bestzeit um nur 11 Sekunden, denn der
Straßenfahrer hat noch immer ganz ordentlich Zug auf der Kette.
Weiter geht’s über die
längste, flache Drückerpassage der Strecke, über einen gesandeten Ziehweg, wo
ich nochmal ordentlich Druck mache, um mir auch für den letzten Downhill ein
kleines Zeitpolster herauszufahren. Den unteren Teil davon hatte ich schon beim
Warmrollern besichtigt, und so bin ich auf eine lustige Rutschpartie
vorbereitet, die ich aber mit solidem Vorsprung und ohne Risiko hinter mich
bringe.
Kurz vorm Tal wischt sich der
Straßenfahrer nochmal den Dreck aus der Gusche, denn da unten lauert noch eine
Fotofalle auf die Magermoddelz dieser Veranstaltung. Irgendwie hat Heidi heute aber
kein Foto für den Straßenfahrer, also quere ich zügig das Tal und steige in den
letzten Anstieg des heutigen Tages ein, der nochmal knappe 100 Höhenmeter
bereithält. Wie weit ich hier vorne liege ist unklar, denn meine Verfolger habe
ich zuletzt vor einer Dreiviertelstunde gesehen. Der holprige Climb endet auf
einer Wiese, die im großen Bogen zu umfahren ist, und hier kann ich dann auch
wieder meinen nächsten Verfolger ausmachen, der geschätzte 1,5 Minuten hinter
mir liegt.
Die beiden finalen Kilometer
geht es nochmal flach und im Tiefflug durch den Wald, dann erreicht der
Straßenfahrer auch schon das Start und Zielgelände des Gelobten Landes. Im
Standgas rolle ich die Wiese hinunter, genieße die letzten Meter des Rennens
und erreiche nach 1:13:01 Std. die Zieldurchfahrt, wo mir Mietze nen dicken Siegerkuss
aufs dreckverschmierte Guschel drückt.
Das Gesamtpodest
komplettieren Benjamin Mehner, vom SV Remse, auf dem 2. Platz, und Moritz
Dehne, vom RSC 93 Marienberg, auf dem 3. Platz. Stefan von den Stein-Bikern
hatte unterwegs leider Plattfuß, wird aber nach zügiger Reparatur noch 5ter.
Bis zu den Ehrungen trinken
wir einige Alkoholfreie Biere, die es heute gratis gibt, und schauen noch beim
Einlauf der Langstreckler vorbei, wo Guido mit deutlichem Vorsprung gewinnt. Dann
beginnen auch schon die Ehrungen der Kurzstrecke, wo der Straßenfahrer einen rustikalen
Holzpokal erhält, den es heute ausschließlich für die Sieger der jeweiligen
Rennen bzw. die Erstplatzierten der entsprechenden Altersklassen gibt. Darüber
freuen sich sicherlich auch die Mietzen, denn der Kratzbaum funnzt bestimmt 1A
für die Nagelpflege unserer beiden Stubentiger.
Na dann, ich verabscheue mich
in die Sommerpause, werde bissl im Freibad abhängen und auch mal ein richtiges
Bier trinken. Mal sehen wie gut sich der alte Mann für die Strapazen der
zweiten Jahreshälfte erholen kann.
Ich wünsche Euch eine schöne
Zeit, bleibt gesund und bis die Tage.
Euer Straßenfahrer.
Die Ergebnisse und alle Infos
zum Rennen, guckst Du hier.
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