Dienstag, 7. Juni 2016

Miriquidi-Bike-Challenge



05.06.2016

Der Wecker klingelt um sechs, aber da ist der alte Mann schon wach und sinniert mal wieder an der Frage: „Was stellt man an solchen Sonntagen spannendes an, wenn man sich irgendwann einmal nicht mehr mit den Jungs auf der Rennstrecke trifft, um sich bei einem gepflegten Radrennen gegenseitig in die Gusche zu kloppen.“ Die Summe meiner geistreichen Ergüsse finde ich dabei so aufregend, dass ich beinahe wieder einpenne, während Fräulein Hanni und Friedo Mütze geschäftig auf dem Bett herumspringen und mir Ihre Ansichten eines lustigen Sonntagmorgens offerieren. Recht haben sie! Bissl Action muss schon sein! ...und… „ja doch.…es gibt gleich was zum Futtern Mädelz.“

Eine heiße Dusche bringt den Straßenfahrer halber Wege auf Betriebstemperatur, aber nach etwas mehr wie sieben Monaten im Sattel, und den bereits absolvierten „Frühjahrsklassikern“, fühle ich mich zwar in Form, jedoch auch etwas ausgelutscht. Laut Rennkalender wollte ich die Sommerpause etwas später einlegen, aber nach reichlicher Überlegung halte ich mich an mein Gefühl und den letztjährigen Saisonaufbau. Ich pausiere also wieder Anfang Juni, bevor mir die Kette vielleicht noch von alleine vom Blatt springt. Wer das schon mal erlebt hat, der weiß sicherlich wovon ich da rede. Nicht schön….Also Mut zur Pause!

Der somit vorläufig letzte Ausflug führt uns heute ins beschauliche Marienberg, im Erzgebirge. Genauer gesagt in den Ortsteil Gelobtland, am Rande des Miriquidi. Hier hatte eine Hand voll junger Radsportenthusiasten die zündende Idee einen neuen Mountainbike-Marathon auf die Beine zu stellen. Die Miriquidi-Bike-Challenge. Eine lustige 30 km Schleife durch den Marienberger Forst wurde da zusammengestellt, die unter normalen Bedingungen sicherlich recht zügig zu bewältigen ist. Unter normalen Bedingungen! Über die Wetterkapriolen der vergangen Tage brauche ich sicherlich nicht viele Worte zu verlieren, und so mussten die Organisatoren sogar einige Passagen der Strecke wieder herausnehmen, da man hier, nach all den heftigen Unwettern der vergangenen Tage, jetzt knietief im Schlamm versinkt. Die Streckenausschreibung verrät im Wesentlichen 3 längere Anstiege, von je ca. 150 Höhenmetern, verteilt auf die Mothäuser Heide und das Schwarzwassertal. Ein paar Drückerpassagen gibt es auch, und man ist schon geneigt einen Vergleich zum Kamm-Bike-Cross anzustellen, wenn man denn einen sucht. Ähnlich auch die drei Streckenlängen für die Kurz, Mittel und Langdistanz, zu, Ihr ahnt es, natürlich 30, 60 und 90km. Wer die Wahl hat, der hat die Qual!

Der voraussichtliche Zustand der Strecke, aber auch die Aussicht auf einen entspannten Sonntagmorgen, bestärken den Straßenfahrer in seiner Entscheidung für das Kurzstreckenrennen, das erst um 11 Uhr startet. Genügend Zeit also um morgens nicht in Hektik auszubrechen…und,… naja Ihr wisst schon….ein paar Café, ne Folge Columbo, der Verdauungsschlaf, die 3 Mietzen bespassen...usw. Im Alter wird man halt etwas eingefahren und bequem.

Das Gelobte Land erreichen wir kurz nach Start des 90km Rennens, und sehen noch die Langstreckler, die von der ersten Waldpassage kommend, erstmals über das Schotterbett des alten Bahndamms holpern. Die sehen nach 5 Kilometern aus, als hätten sie es bereits hinter sich! Junge, wo sind die denn hineingeraten, denke ich, und rufe Guido noch ein paar aufmunternde Worte hinterher, der heute die 90km fährt, aber scheinbar nichts hört, da die Lauschlappen wohl auch eine ordentliche Portion Modder abbekommen haben. Na das kann ja heiter werden.

Die Anmeldung im Festzelt ist gut organisiert und schnell erledigt. Auf der Kurzstrecke werden für die Nachmeldung in Summe zwar 30€ fällig, was einen Euro pro Kilometer abverlangt, aber bei dem Aufwand der hier schon im Vorfeld betrieben wurde, finde ich das durchaus noch akzeptabel. Auch die Werbetrommel wurde ordentlich gerührt, denn bei allen drei Rennen findet sich ein beachtliches Starterfeld zusammen. Immerhin, hier findet eine Erstaustragung statt! 


Wie viele Fahrer im Startblock der Kurzstrecke stehen kann ich nicht genau sagen, aber die Wiese am Rundendurchgang ist ordentlich zugeparkt. Die Stimmung ist gut, das Wetter super und die Temperaturen halten sich auch noch im moderaten Bereich auf. Noch bissl Smalltalk mit den Ex-Teamkollegen von Stein-Bikes, dann geht es Punkt 11Uhr in die Runde, wo zwei Fahrer vom SSV Mounty Altenberg ganz ordentlich am Hahn ziehen und das Feld entzerren. Dann geht es auch schon in die erste, kurze Schleife durch den flachen Stadtwald hinter Gelobtland. Was da auf uns wartet ist natürlich keine Überraschung! Trotzdem brauche ich erst mal einige Minuten um mich halbwegs zu sortieren, denn bereits nach wenigen Metern sieht unsere Gruppe aus wie eine Rotte Wildschweine nach einer zünftigen Schlammsuhle.

Hier übernehmen die beiden Stein-Biker Stefan und der Meiner die Führung, denn die Mountys haben Ihr Pulver fürs erste verschossen. Bis zum Bahndamm schaue ich mir das aus zweiter Reihe an, dann ist es Zeit für eine prüfende Attacke auf dem alten Gleisbett. Das Gas lasse ich bis zum ersten Singletrail stehen, den ich locker und in Führung liegend durchrolle. Unten schließen einige Fahrer wieder auf, dann geht es in den ersten, längeren Anstieg, auf dem der Boden von Meter zu Meter tiefer wird. Am steilsten Stück muss ich vom Bock, denn die Reifen finden keinen Grip mehr. Zwanzig Meter schliddere ich zu Fuß, dann ist’s wieder halbwegs fahrbar. 

Der einzige der das Tempo hier mitgehen kann, oder will, ist Stefan, aber den muss ich aus taktischen Gründen an der folgenden, gesandeten Auffahrt abkoppeln, was mir auch gelingt, denn oben angekommen habe ich schon ca. eine knappe Minute auf Ihn und die weiteren Verfolger herausgefahren.

In die erste Trailabfahrt, hinunter ins Schwarzwassertal, gehe ich also mit einigem Vorsprung und ohne Risiko, erklimme solo auch die zweite Steigung, und halte die Kette ordentlich auf Spannung. Beine und Puls sind heute in Geberlaune, und die Verfolger kann ich auf den wenigen geraden Passagen auch nicht mehr ausmachen. Somit ist natürlich auch der Straßenfahrer aus der Sichtweite seiner Verfolger, was bei einer Soloflucht natürlich immer von Vorteil ist.

Im Zeitfahrmodus geht es über den folgenden Bergrücken zur nächsten Abfahrt und wieder hinunter ins Schwarzwassertal. Eins zwei Wurzeln, ein paar Steine, reichlich Schlamm und einige lustige Serpentinen, dann bin ich wieder am Schwarzwasser, wo es erst mal flach am Fluss entlang, zur nächsten Steigung hinauf zum Katzenstein geht. Hier verpasse ich die STRAVA KOM Bestzeit um nur 11 Sekunden, denn der Straßenfahrer hat noch immer ganz ordentlich Zug auf der Kette.

Weiter geht’s über die längste, flache Drückerpassage der Strecke, über einen gesandeten Ziehweg, wo ich nochmal ordentlich Druck mache, um mir auch für den letzten Downhill ein kleines Zeitpolster herauszufahren. Den unteren Teil davon hatte ich schon beim Warmrollern besichtigt, und so bin ich auf eine lustige Rutschpartie vorbereitet, die ich aber mit solidem Vorsprung und ohne Risiko hinter mich bringe.

Kurz vorm Tal wischt sich der Straßenfahrer nochmal den Dreck aus der Gusche, denn da unten lauert noch eine Fotofalle auf die Magermoddelz dieser Veranstaltung. Irgendwie hat Heidi heute aber kein Foto für den Straßenfahrer, also quere ich zügig das Tal und steige in den letzten Anstieg des heutigen Tages ein, der nochmal knappe 100 Höhenmeter bereithält. Wie weit ich hier vorne liege ist unklar, denn meine Verfolger habe ich zuletzt vor einer Dreiviertelstunde gesehen. Der holprige Climb endet auf einer Wiese, die im großen Bogen zu umfahren ist, und hier kann ich dann auch wieder meinen nächsten Verfolger ausmachen, der geschätzte 1,5 Minuten hinter mir liegt.

Die beiden finalen Kilometer geht es nochmal flach und im Tiefflug durch den Wald, dann erreicht der Straßenfahrer auch schon das Start und Zielgelände des Gelobten Landes. Im Standgas rolle ich die Wiese hinunter, genieße die letzten Meter des Rennens und erreiche nach 1:13:01 Std. die Zieldurchfahrt, wo mir Mietze nen dicken Siegerkuss aufs dreckverschmierte Guschel drückt.

Das Gesamtpodest komplettieren Benjamin Mehner, vom SV Remse, auf dem 2. Platz, und Moritz Dehne, vom RSC 93 Marienberg, auf dem 3. Platz. Stefan von den Stein-Bikern hatte unterwegs leider Plattfuß, wird aber nach zügiger Reparatur noch 5ter.  

 
Bis zu den Ehrungen trinken wir einige Alkoholfreie Biere, die es heute gratis gibt, und schauen noch beim Einlauf der Langstreckler vorbei, wo Guido mit deutlichem Vorsprung gewinnt. Dann beginnen auch schon die Ehrungen der Kurzstrecke, wo der Straßenfahrer einen rustikalen Holzpokal erhält, den es heute ausschließlich für die Sieger der jeweiligen Rennen bzw. die Erstplatzierten der entsprechenden Altersklassen gibt. Darüber freuen sich sicherlich auch die Mietzen, denn der Kratzbaum funnzt bestimmt 1A für die Nagelpflege unserer beiden Stubentiger.

Na dann, ich verabscheue mich in die Sommerpause, werde bissl im Freibad abhängen und auch mal ein richtiges Bier trinken. Mal sehen wie gut sich der alte Mann für die Strapazen der zweiten Jahreshälfte erholen kann.

Ich wünsche Euch eine schöne Zeit, bleibt gesund und bis die Tage.

Euer Straßenfahrer.

Die Ergebnisse und alle Infos zum Rennen, guckst Du hier.




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