Dienstag, 8. August 2017

25. Erzgebirgs-Bike-Marathon



Ein Festival der ganz besonderen Art! Hart – Alt – Kult! Und immer eine Hand voll Schlamm in der Gusche. Nein, nicht das Wacken Open Air ist gemeint, sondern Deutschlands erster und ältester Mountainbike Marathon in Seiffen. Der Erzgebirgs-Bike-Marathon, oder kurz EBM. Dieses Jahr in seiner 25. Austragung, quasi ein Meilenstein des Geländeradsportes. Ein Muss für alle gestandenen Mountainbiker und Geländeschnellradfahrer! Pflichtveranstaltung für die Härtesten der Harten! Euer Straßenfahrer war trotzdem dabei.





06.08.2017

Drei Uhr nachts starrt der alte Mann schlaflos an die dunkle Hotelzimmerdecke und fragt sich warum er ausgerechnet wieder im selben Hotel bzw. sogar im selben Zimmer wie im Vorjahr einchecken musste. Keine Ahnung, vermutlich macht er denselben Fehler auch noch ein drittes Mal, nur um ganz sicher zu gehen. An Schlaf ist jedenfalls nicht zu denken, denn das Bett ist immer noch viel zu weich, die Wände immer noch viel zu hellhörig, und der schnarchende Zimmernachbar aus 205 sägt schon seit gut drei Stunden an meinen Nerven. Stilles Leiden, denn wenigstens Anne scheint solide an der Matratze zu horchen, und bietet dem Typ aus 205 akustisch ganz ordentlich Paroli. Ich lausche der melodischen Mischung aus Grunzen und Schnurren, während es draußen schon langsam dem Morgen graut. Ähm….der Morgen graut! Irgendwann überkommt den alten Mann dann aber doch noch die Erschöpfung und die Lichter gehen für zwei Stunden aus.

Wach bin ich dann zwar schon bevor der Wecker klingelt, aber leider auch komplett durch den Wind! An eine schlimmere Nacht kann ich mich bei weitem nicht erinnern, und so will auch beim Frühstück kein sonderlicher Appetit aufkommen. Egal, denn auch der Kaffee ist noch immer unterirdisch, und auch die Fenster des Speiseraumes warten wohl schon seit Jahren vergeblich auf …… naja, manche Dinge haben hier scheinbar Tradition. Vermutlich auch die Freundlichkeit des Personals, denn da gibt es absolut nichts zum Nörgeln, und ist dann wohl auch einer meiner Beweggründe – ab und an – eine sinnvolle Fehlentscheidung zu treffen. Im Ernstfall auch ein drittes Mal, nur um ganz sicher zu sein!

Eine halbe Stunde Verdauungsschlaf, dann raffe ich mich auf und springe in die Montur. Weste und Ärmlinge müssen auch dran, denn es ist empfindlich kühl an diesem Sonntagmorgen. Beim Anschwitzen erklimme ich den Anstieg der Einführungsrunde, gehe nochmal für kleine Königspinguine, und würge meine Henkersmalzeit hinter die Kiemen. Der intensive Geschmack von Cookies and Cream lässt das viel zu späte Frühstück beinahe nochmal guten Morgen sagen, aber nach einer weiteren halben Thermoskanne des lecker-fiesen Frühstückskaffees geht’s dann schon wieder. Etwas wiederwillig aber dennoch, der greise Körper signalisiert Startbereitschaft. 



Pünktlich um Neun geht’s dann endlich in die Einführungsrunde, gesittet die Alp de Wettin hinunter zur Hauptstraße, wo das Rennen freigegeben wird. Aus ca. dritter Reihe komme ich ganz gut in die Gänge, auch wenn die ersten Meter etwas hektischer verlaufen wie in den vergangenen Jahren. Einige übermotivierte Schnellstarter meinen scheinbar das Rennen auf dem ersten Kilometer der Einführungsrunde gewinnen zu wollen, und so wundert es mich auch nicht als sich ein Fahrer links vor mir am Hinterrad des Vordermannes aufhängt und zum Salto Mortale ansetzt. Kopfüber vermisst der Sportfreund direkt neben mir die Hauptstraße. Autsch! Schon vom Zusehen bekomme ich massive Schmerzen und verliere beinahe den Anschluss zur Spitze. Auch mein Teamkollege Sebastian „FK“ Stark muss wieder aufschließen, und bietet in dieser Situation ein gutes Hinterrad. Kontrolliert rollen wir zur Spitzengruppe auf und eiern den frisch gekiesten Waldweg hinunter, vor dem der Organisator bereits im Vorfeld gewarnt hat. Es schwimmt sich allerdings besser wie gedacht und so gibt es hier erstmal keine weiteren Ausfälle. Jedenfalls nicht vor mir.

Zurück im Seiffener Grund sammelt sich erneut die Spitzengruppe aus ca. 40 Fahrern und ich kann mich vor der Auffahrt zur Alp ganz gut positionieren. Im Anstieg fahre ich kontrolliert, überziehe nicht und komme als ca. Fünfzehnter oben an. Dann geht’s endlich in den Wald, wo sich das Fahrerfeld schon deutlich entzerrt hat und etwas Ruhe einkehrt. Für Seiffener Verhältnisse ist es heute staubtrocken und die neue Streckenführung der ersten Rundenhälfte ist, im Führungswechsel mit Christian Groß, recht zügig absolviert.

Die „neue“ verlängerte Steilabfahrt in den Seiffener Grund hatte ich bereits im Training besichtigt, also gibt es hier keine größeren Überraschungen. Eine Schrecksekunde erlebe ich dennoch, denn in der steilen Zufahrt kommt mir Uli Schmittlutz samt Bike entgegengelaufen, den es scheinbar gerade ordentlich gemault hat. Geschmeidig wie eine Holzkatze weiche ich Ihm aus, verhindere meinen eigenen Abgang und rolle Kopfschüttelnd weiter bis zur Steilabfahrt. Die ist am Renntag mit Werbebannern eingerahmt und die vielen Zuschauer sorgen für eine Atmosphäre die man so eigentlich nur im Fernsehen bei UCI Rennen bestaunen darf. Gänshautfeeling! 




Der Straßenfahrer holpert solide hinunter, genießt die Stimmung, zieht noch schnell das Trikot glatt und streicht sich den Staub aus seinem Drei-Wochen-Bart. Recht freundlich bitte, denn im unteren Steilstück steht die nächste Fotofalle. Im Gegenanstieg finde ich vor mir ein schnelles Hinterrad und schnaufe erst mal durch. An welcher Position des Short Rennens sich der alte Mann hier befindet ist unklar, geschätzt aber sicherlich in den Top 10. In der Altersklassenwertung sollte ich vorne liegen, denn Hauptkonkurrent Jan Brettschneider kam bisher noch nicht in Sichtweite, was mich doch etwas verwundert. Also orientiere ich mich nach vorne, wo ich das gelbe Marienberger Trikot von Moritz Dehne leuchten sehe. Mir gelingt es zu zwei weiteren Fahrern aufzuschließen, aber auch unser TBR-Nachwuchstallent Christian Schröder koppelt nochmal an, nachdem er an der Steilabfahrt einiges an Boden verlor.

Kurz bevor wir die Motocross Strecke erreichen kann ich mich von unserer Gruppe absetzen, und endlich zu Moritz Dehne aufschließen, der ebenfalls Kurzstrecke fährt. Zusammen umrunden wir den Wasserturm und nehmen die Abfahrt zur zweiten, technisch anspruchsvollen Abfahrt unter die Reifen. Schade das ich mir diesen Teil der Strecke im Training nicht angesehen habe, denn hier muss ich nach einem Fahrfehler kurzzeitig reißen lassen und verliere einige wichtige Sekunden auf Moritz. 




Zurück auf der Hauptstraße habe ich ca. fünfzehn Sekunden kassiert, aber da wartet ja noch die finale Auffahrt zur Alp de Wettin auf uns. Der alte Mann hat heute wirklich nicht seinen besten Tag erwischt, den Rückstand kann er aber trotzdem noch auf schmale drei Sekunden eindampfen. Dann erreichen wir den Festplatz, wo der Drops leider auch schon gelutscht ist und Moritz kurz vor mir die Ziellinie überquert. Gereicht hat es heute leider „nur“ für Platz 9, aber mit dem Altersklassensieg ist wenigstens das Minimalziel erreicht, und der Straßenfahrer bekommt zur Siegerehrung einen Bruder für seinen Kunibärt-2016 überreicht. 



Spass hat es jedenfalls gemacht, der EBM ist nun mal KULT und sofern sich der Straßenfahrer auch im nächsten Jahr noch selbstständig die Schnürsenkel binden kann,...naja...Ihr wisst schon...

Bleibt gesund, Sport frei und bis die Tage.

Euer Straßenfahrer


Alles weitere zum Rennen, unserem Team und Lauras spektakulären Sieg auf der Langstrecke, guckst Du hier:




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