Ein Festival der ganz
besonderen Art! Hart – Alt – Kult! Und immer eine Hand voll Schlamm in der
Gusche. Nein, nicht das Wacken Open Air ist gemeint, sondern Deutschlands
erster und ältester Mountainbike Marathon in Seiffen. Der
Erzgebirgs-Bike-Marathon, oder kurz EBM. Dieses Jahr in seiner 25. Austragung,
quasi ein Meilenstein des Geländeradsportes. Ein Muss für alle gestandenen
Mountainbiker und Geländeschnellradfahrer! Pflichtveranstaltung für die
Härtesten der Harten! Euer Straßenfahrer war trotzdem dabei.
06.08.2017
Drei Uhr nachts starrt der
alte Mann schlaflos an die dunkle Hotelzimmerdecke und fragt sich warum er
ausgerechnet wieder im selben Hotel bzw. sogar im selben Zimmer wie im Vorjahr
einchecken musste. Keine Ahnung, vermutlich macht er denselben Fehler auch noch
ein drittes Mal, nur um ganz sicher zu gehen. An Schlaf ist jedenfalls nicht zu
denken, denn das Bett ist immer noch viel zu weich, die Wände immer noch viel
zu hellhörig, und der schnarchende Zimmernachbar aus 205 sägt schon seit gut
drei Stunden an meinen Nerven. Stilles Leiden, denn wenigstens Anne scheint
solide an der Matratze zu horchen, und bietet dem Typ aus 205 akustisch ganz
ordentlich Paroli. Ich lausche der melodischen Mischung aus Grunzen und
Schnurren, während es draußen schon langsam dem Morgen graut. Ähm….der Morgen
graut! Irgendwann überkommt den alten Mann dann aber doch noch die Erschöpfung
und die Lichter gehen für zwei Stunden aus.
Wach bin ich dann zwar schon
bevor der Wecker klingelt, aber leider auch komplett durch den Wind! An eine
schlimmere Nacht kann ich mich bei weitem nicht erinnern, und so will auch beim
Frühstück kein sonderlicher Appetit aufkommen. Egal, denn auch der Kaffee ist
noch immer unterirdisch, und auch die Fenster des Speiseraumes warten wohl
schon seit Jahren vergeblich auf …… naja, manche Dinge haben hier scheinbar
Tradition. Vermutlich auch die Freundlichkeit des Personals, denn da gibt es
absolut nichts zum Nörgeln, und ist dann wohl auch einer meiner Beweggründe –
ab und an – eine sinnvolle Fehlentscheidung zu treffen. Im Ernstfall auch ein
drittes Mal, nur um ganz sicher zu sein!
Eine halbe Stunde
Verdauungsschlaf, dann raffe ich mich auf und springe in die Montur. Weste und
Ärmlinge müssen auch dran, denn es ist empfindlich kühl an diesem
Sonntagmorgen. Beim Anschwitzen erklimme ich den Anstieg der Einführungsrunde,
gehe nochmal für kleine Königspinguine, und würge meine Henkersmalzeit hinter
die Kiemen. Der intensive Geschmack von Cookies and Cream lässt das viel zu
späte Frühstück beinahe nochmal guten Morgen sagen, aber nach einer weiteren
halben Thermoskanne des lecker-fiesen Frühstückskaffees geht’s dann schon
wieder. Etwas wiederwillig aber dennoch, der greise Körper signalisiert
Startbereitschaft.
Pünktlich um Neun geht’s dann
endlich in die Einführungsrunde, gesittet die Alp de Wettin hinunter zur
Hauptstraße, wo das Rennen freigegeben wird. Aus ca. dritter Reihe komme ich
ganz gut in die Gänge, auch wenn die ersten Meter etwas hektischer verlaufen
wie in den vergangenen Jahren. Einige übermotivierte Schnellstarter meinen
scheinbar das Rennen auf dem ersten Kilometer der Einführungsrunde gewinnen zu
wollen, und so wundert es mich auch nicht als sich ein Fahrer links vor mir am
Hinterrad des Vordermannes aufhängt und zum Salto Mortale ansetzt. Kopfüber
vermisst der Sportfreund direkt neben mir die Hauptstraße. Autsch! Schon vom
Zusehen bekomme ich massive Schmerzen und verliere beinahe den Anschluss zur
Spitze. Auch mein Teamkollege Sebastian „FK“ Stark muss wieder aufschließen,
und bietet in dieser Situation ein gutes Hinterrad. Kontrolliert rollen wir zur
Spitzengruppe auf und eiern den frisch gekiesten Waldweg hinunter, vor dem der
Organisator bereits im Vorfeld gewarnt hat. Es schwimmt sich allerdings besser
wie gedacht und so gibt es hier erstmal keine weiteren Ausfälle. Jedenfalls
nicht vor mir.
Zurück im Seiffener Grund
sammelt sich erneut die Spitzengruppe aus ca. 40 Fahrern und ich kann mich vor
der Auffahrt zur Alp ganz gut positionieren. Im Anstieg fahre ich kontrolliert,
überziehe nicht und komme als ca. Fünfzehnter oben an. Dann geht’s endlich in
den Wald, wo sich das Fahrerfeld schon deutlich entzerrt hat und etwas Ruhe
einkehrt. Für Seiffener Verhältnisse ist es heute staubtrocken und die neue
Streckenführung der ersten Rundenhälfte ist, im Führungswechsel mit Christian
Groß, recht zügig absolviert.
Die „neue“ verlängerte
Steilabfahrt in den Seiffener Grund hatte ich bereits im Training besichtigt,
also gibt es hier keine größeren Überraschungen. Eine Schrecksekunde erlebe ich
dennoch, denn in der steilen Zufahrt kommt mir Uli Schmittlutz samt Bike
entgegengelaufen, den es scheinbar gerade ordentlich gemault hat. Geschmeidig
wie eine Holzkatze weiche ich Ihm aus, verhindere meinen eigenen Abgang und rolle
Kopfschüttelnd weiter bis zur Steilabfahrt. Die ist am Renntag mit Werbebannern
eingerahmt und die vielen Zuschauer sorgen für eine Atmosphäre die man so
eigentlich nur im Fernsehen bei UCI Rennen bestaunen darf. Gänshautfeeling!
Der Straßenfahrer holpert
solide hinunter, genießt die Stimmung, zieht noch schnell das Trikot glatt und
streicht sich den Staub aus seinem Drei-Wochen-Bart. Recht freundlich bitte, denn im unteren Steilstück steht die nächste Fotofalle. Im Gegenanstieg finde ich
vor mir ein schnelles Hinterrad und schnaufe erst mal durch. An welcher
Position des Short Rennens sich der alte Mann hier befindet ist unklar,
geschätzt aber sicherlich in den Top 10. In der Altersklassenwertung sollte ich
vorne liegen, denn Hauptkonkurrent Jan Brettschneider kam bisher noch
nicht in Sichtweite, was mich doch etwas verwundert. Also orientiere ich mich
nach vorne, wo ich das gelbe Marienberger Trikot von Moritz Dehne leuchten
sehe. Mir gelingt es zu zwei weiteren Fahrern aufzuschließen, aber auch unser
TBR-Nachwuchstallent Christian Schröder koppelt nochmal an, nachdem er an der
Steilabfahrt einiges an Boden verlor.
Kurz bevor wir die Motocross
Strecke erreichen kann ich mich von unserer Gruppe absetzen, und endlich zu
Moritz Dehne aufschließen, der ebenfalls Kurzstrecke fährt. Zusammen umrunden wir den Wasserturm und nehmen die
Abfahrt zur zweiten, technisch anspruchsvollen Abfahrt unter die Reifen. Schade
das ich mir diesen Teil der Strecke im Training nicht angesehen habe, denn
hier muss ich nach einem Fahrfehler kurzzeitig reißen lassen und verliere
einige wichtige Sekunden auf Moritz.
Zurück auf der Hauptstraße
habe ich ca. fünfzehn Sekunden kassiert, aber da wartet ja noch die finale
Auffahrt zur Alp de Wettin auf uns. Der alte Mann hat heute wirklich nicht
seinen besten Tag erwischt, den Rückstand kann er aber trotzdem noch auf
schmale drei Sekunden eindampfen. Dann erreichen wir den Festplatz, wo der
Drops leider auch schon gelutscht ist und Moritz kurz vor mir die Ziellinie
überquert. Gereicht hat es heute leider „nur“ für Platz 9, aber mit dem Altersklassensieg
ist wenigstens das Minimalziel erreicht, und der Straßenfahrer bekommt
zur Siegerehrung einen Bruder für seinen Kunibärt-2016 überreicht.
Spass hat es jedenfalls
gemacht, der EBM ist nun mal KULT und sofern sich der Straßenfahrer auch im nächsten Jahr noch selbstständig die Schnürsenkel binden
kann,...naja...Ihr wisst schon...
Bleibt gesund, Sport frei und
bis die Tage.
Euer Straßenfahrer
Alles weitere zum Rennen,
unserem Team und Lauras spektakulären
Sieg auf der Langstrecke, guckst Du hier:
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