Donnerstag, 24. September 2015

20. Drei-Talsperren-Marathon



Diesen Samstag klingelt der Wecker bereits halb sechs. Schweißgebadet erwache ich aus einem Albtraum, in dem mich Sebastian „FK“ Stark mit einem Kindertretroller beim Straßen-Zeitfahrtraining abhängt. Beängstigend, denn er trägt dabei nur Badeschlappen und fährt einhändig - da er gerade eine Thüringer Rostbratwurst verschlingt. In Rekordzeit natürlich! Beim Überholen winkt er mir freundlich zu, beißt in seine Bratwurst und entschwindet am Horizont. Autsch….der Tag fängt ja gut an. Meine Hand fällt auf die Schlummertaste des Weckers, ich nochmal ins Kopfkissen und penne wieder ein. Nach einem halbstündigen Aufschub ist`s dann aber höchste Eisenbahn. Ich krieche aus dem Nest, taumle ins Bad und dusche mir erst mal den kalten Schweiß vom Rücken. Na das kann ja was werden heute…

Café und Frühstück gibt’s im Vorbeigehen, die obligatorische Folge Columbo entfällt, und für ein Verdauungsschläfchen ist heute leider auch keine Zeit mehr. In Summe fühlt sich das irgendwie stressig an, aber immerhin, um acht landen wir pünktlich und ohne Turbulenzen in Eibenstock. Anne ist auch wieder dabei und übernimmt des Straßenfahrers Verbottelung. Auch Teamkollege T. Peschke hat für die 100km gemeldet, also bilden unsere Mädels kurzerhand eine Fahrgemeinschaft zum Col de Auers, wo die beiden ersten Verpflegungen geplant sind. Auch der schnelle Mann mit den beiden Vornamen – Benjamin „Benni“ Michael – ist schon anwesend und hat einen Verbottler dabei, also tun wir uns in Sachen Verpflegung zusammen – wobei die finalen 30 Kilometer von seinem Betreuer übernommen werden, der sich am Abzweig zur Talsperre Eierstock postiert. Auch in Sachen Renntaktik wird Benni heute eine entscheidende Rolle spielen, aber dazu später.

Das Wetter meint es heute nochmal gut mit uns, denn wie schon am vergangenen Wochenende, so ist auch heute ein richtig sonniger Spätsommertag gemeldet. Die morgendlichen Temperaturen sind zwar noch bissl frisch, aber doch warm genug um kurzärmlig auf die dreieinhalbstündige Rundreise zu gehen. Beim Warmrollern habe ich leider kein wirklich gutes Gefühl in den Beinen, und auch der Puls will heute nicht wirklich auf Belastung reagieren. Irgendwie fühle ich mich müde, aber nach den Anstrengungen der letzten Tage und Wochen ist das auch nicht verwunderlich, denn eine komplette Regenerationswoche ist eigentlich längst überfällig. So langsam wird’s dann Zeit für die Startaufstellung, wo ich neben FK ein freies Plätzchen in der ersten Startreihe finde. Neben Ihm parkt Sebastian „Küfi“ Küfner, dem ich artig zur guten Platzierung des letzten Rennens in Geyer gratuliere. FK – der zwischen uns steht – versteht das irgendwie falsch und bezieht die angestimmte Lobeshymne auf sich selbst, wo ich natürlich sofort einhaken muss, denn für FK`s Leistung bei der DM in Furtwangen – die am selben Tag stattfand – muss ich schon zu den Superlativen greifen, um das Ausmaß seiner erbrachten Leistung zu beschreiben, denn FK finishte trotz Sturz und Kettenklemmer auf Platz 15! Im Idealfall wäre unser Übermensch vermutlich in die Top 10 gefahren! No Comment! Neben mir parkt dann noch Benni ein, mit dem ich heute eine Art Allianz bilde - um FK`s Sieg auch nur im Ansatz etwas entgegenzusetzen. FK wiederum hat sich vermutlich mit Küfi abgesprochen, jedenfalls macht mir das den Eindruck, denn auch er hat sicherlich keine sonderliche Lust die 100km alleine um die 3 Talsperren zu drücken. 





                                        
Pünktlich halb zehn werden wir dann auf die Reise geschickt. Erst mal neutralisiert hinunter zur Winklerstraße, wo das Rennen dann freigegeben wird und sich das Führungsfahzeug verabschiedet. Küfi und FK fahren an der Spitze und führen das Feld in den langen Anstieg hinauf nach Carlsfeld – der heute abrupt in einer Sackgasse endet, da FK scheinbar noch pennt und an der ersten Gabelung falsch abbiegt. Junge-Junge, und das nach so vielen Teilnahmen! Aber auch ich fahre FK wie ein Lemming hinterher, bis der Tross vor einem Garagentor zum Stoppen kommt, da hier dann auch der Weg ausgeht. Der U-Turn verursacht ein wildes Durcheinander und vorne ist plötzlich hinten. Ich durchquere also zügig das komplette Fahrerfeld und beende zeitgleich mit Küfi den Zwischensprint – für den leider keine Punkte vergeben werden. Vorne angekommen schauen wir uns fragend an, und warten artig bis auch FK und Benni aufgeschlossen haben. Dann geht’s aber auch gleich scharf!  FK scheint es heute eilig zu haben und schlägt ein Tempo oberhalb der Kotzgrenze an. Jedenfalls meiner! Hinter uns wird es dann auch ziemlich schnell ruhig, denn das Feld gerät zügig außer Sichtweite. Küfi kann hier noch ganz gut folgen, Benni und der Straßenfahrer legen im Windschatten die Ohren an! Kurz bevor bei mir die rote Lampe angeht, also eigentlich viel-viel zu spät, lässt Benni dann endlich einen Tritt aus und koppelt uns beide intelligenter Weise ab.

Trödeln tun wir freilich trotzdem nicht, der Begrenzer steht jetzt aber bei einer Leistung die wir auch über 100km gehen können. In der Führungsarbeit wechseln wir uns regelmäßig ab, und hängen beide auch ganz gut am Gas. Trotzdem fahren wir uns bis zur ersten Auersbergüberfahrt bereits 2,5 Minuten Rückstand auf die beiden Führenden ein. Frisch verbottelt geht es in die lange Abfahrt bis kurz vor die Sosaer Talsperre, wo wir es ganz ordentlich laufen lassen. Vorm Abzweig hinauf zur zweiten Auersbergüberfahrt schließen dann – plötzlich und unerwartet für uns alle – Ronald Kunz, Markus Thiel und ein mir unbekannter Fahrer von hinten auf. Keine Ahnung wo die so schnell herkommen, aber da Ronald Kunz anwesend ist, schlage ich mir den Gedanken > dass hier womöglich abgekürzt wurde < schnell aus dem Kopf. Ronald ist immerhin einer der fairsten Sportsmänner die ich kenne! Respekt Jungs, da hab Ihr es ganz schön knallen lassen auf der Abfahrt.

In dieser Konstellation geht es ein weiteres Mal über den Auersberg und in die zweite Abfahrt Richtung Talsperre Sosa, die mittlerweile vom Tross der zahlreichen Kurzstreckler befahren wird. Aus meiner Sicht ist es immer wieder grenzwertig bei Highspeed die „langsamen“ Kurzstreckler überholen zu „müssen“! Hier sollte der Veranstalter – zur Sicherheit aller –  dringend eine Änderung herbeiführen! Hier wundere ich mich dann auch erstmals über meine heutige Downhillperformance, denn irgendwie fühle ich mich unsicher, wofür ich aber noch keine schlüssige Erklärung finde. Am Wasserfall erhöht Benni kurz die Schlagzahl um unsere Gruppe etwas auszudünnen, was hier aber noch nicht wirklich gelingt. Auch ich bin nicht so ganz zufrieden mit der Gruppenzusammenstellung, da zeitweise sehr unkontrolliert gefahren wird, und sich auch nicht alle gleichmäßig an der Tempoarbeit beteiligen. Auf dem Straßenstück zur Talsperre Eierstock platzt Benni dann endgültig die Hutschnur. Also ruckt er drei Mal so heftig an, dass nur noch Markus Thiel und der Straßenfahrer die Intervalle parieren können.

Zu dritt gasen wir über die Eierstocker-Staumauer, wo mir an der Einfahrt beinahe das Vorderrad abschmiert, denn das hat mittlerweile bedrohlich viel Luft verloren, was auch das „Schwimmen“ auf der letzten Abfahrt erklärt. Ich sag nur: „Never change a running system!“ Warum muss ich Vollpfosten da am Vortag auch unbedingt noch Dichtmilch nachfüllen? Schon beim Herausschrauben des Ventils hatte ich ein ungutes Gefühl, aber naja, ist halt nicht mehr zu ändern! Am Abzweig zur finalen Talsperrenumrundung werden wir von Bennis Spannemann wie geplant verbottelt, dann geht es über das windanfällige Straßenstück hinüber zum Eingang der letzten Talsperrenrunde, wo ich meinen Mitstreitern eine gute Weiterfahrt wünsche, denn mittlerweile fahre ich auf der Felge.

Die Kartusche habe ich zwar schon während der letzten Meter scharf gemacht, trotzdem dauert es ca. zwei Minuten bis ich das Vorderrad wieder flott habe. Von hinten hat indes noch niemand aufgeschlossen und bis zum Ziel sind noch ca. 30 Kilometer zu absolvieren. Na toll, so hatte ich mir das heute eigentlich nicht vorgestellt. Zum Glück kenne ich die Talsperrenrunde aus dem FF, teile mir meine Kräfte gut ein, und sehe bereits am Col de Wau Wau, also kurz vor Hundshübel,  Markus Thiel - der sich im Anstieg an Stehversuchen übt, nachdem er von Benni abgekoppelt wurde. So wie er hier parkt wird er mir keine große Hilfe mehr sein, also lasse ich Ihn schnell hinter mir. Die Cola der letzten Verbottelung weckt zwar nochmal kurz des Straßenfahrers Kampfgeist und ich versuche auch noch zu Benni aufzuschließen, was mir dann allerdings nicht mehr gelingt.

So geht es für mich heute ohne Sprint in die Stadionrunde, wo ich nach 03:30:29 Std. angefressen die Ziellinie überquere. Damit nur Platz 4 in der Gesamtwertung aber Altersklassensieg der Sen2. Ohne Platten hätte ich mit Benny vermutlich um die Platzierungen auf dem Gesamtpodest gekämpft, denn Benni stellte in Alleinfahrt noch Küfi, der hinten raus platzte und sich zweieinhalb Minuten vor mir ins Ziel rettete. Somit Küfi auf Platz 3, Benni auf Platz 2, und Übermensch FK holt sich erwartungsgemäß den Sieg, und stellte in Alleinfahrt mit 03:18:58 Std. einen neuen Streckenrekord auf! Natürlich, was auch sonst!

Bleibt gesund und bis die Tage.

Euer Straßenfahrer


Alle Infos zum Rennen und den Ergebnissen, guckst Du hier:

1 Kommentar:

stunni hat gesagt…

Das ist mal ein richtig schöner und ausführlicher Bericht, danke ;) War amüsant zu lesen.