13.09.2015
Am Sonntagmorgen rolle ich
halb sieben aus dem Bett. Und das noch bevor der Wecker klingelt, was ich als
gutes Zeichen deute, da ich eigentlich schon die ganze Woche ein ausgewachsenes
Schlafdefizit vor mir herschiebe. Auch die schmerzhafte Nackenverspannung, die
mich schon seit einigen Tagen plagt, ist etwas abgeklungen – was wohl an der
Wärmesalbe liegt die ich da gestern Abend aufgespachtelt habe. Hat sich also
gelohnt, schon kurz nach dem Sandmännchen unter die Bettdecke zu kriechen und an der
Matratze zu horchen, denn ich fühle mich heute relativ fit, was in meinem
greisen Alter keine Selbstverständlichkeit mehr ist! So eine volle Mütze Schlaf
ist halt durch nichts zu ersetzen.
Fürs gesamte Wochenende ist
Spätsommer angekündigt, und tatsächlich, bereits um sieben in der Früh zeigt
das Thermometer freundliche 17°C, der Himmel ist blau und die Sonne lunzt über
den Horizont. Ich liebe solche Spätsommertage! Gemütlich ein paar Tassen Café
schlürfen und eine Folge Columbo später - geht’s dann auf die dreiviertelstündige
Reise nach Geyer. Auf beinahe Autofreien Straßen sind wir pünktlich, den Start
des 90km Rennens verpassen wir trotzdem um eine Minute. Anne hat auch frei und
übernimmt heute die Verbottelung, und als Krankenschwester natürlich auch die
medizinische Betreuung, falls der Straßenfahrer einen ungeplanten Abstecher ins
Unterholz machen sollte. Sicher ist sicher, in Geyer hat sich immerhin schon
Westsachsens prominentester Mountainbiker den Nischel an einem Holzstapel
eingerammelt!
Gemeldet bin ich diesmal fürs
60km Rennen, also die Mittelstrecke. Das passt einerseits ganz gut in den
derzeitigen Rennkalender, andererseits kann ich es so mal ganz gemütlich
angehen, da der Startschuss über 2 Runden erst halb elf erfolgt. Außerdem
sollte man sich mit Ü40 auch nicht mehr unnötig abhetzen. Bei der
Startnummernausgabe treffe ich Vereinskollege Guido – den Peter Frankenfeld der
westsächsischen MTB-Szene – der auch für die Mittelstrecke meldet und heute
ebenfalls von Anne betreut wird. Im Bedarfsfall natürlich auch medizinisch, man
weiß ja nie! Immerhin zählen wir zusammen schon stattliche 82 Lenze.
Zum Einrollern nehme ich
mehrfach die Straßenauffahrt hinterm Ana Mare unter die Reifen, lasse mir von
Anne über die Schulter spucken, stelle noch eine Stange Wasser in die Ecke und
trudele kurz vor knapp am Startbogen ein, der vom Wind bedrohlich nach hinten
geneigt wird und dann beinahe die zweite Startreihe unter sich begräbt. Vorne
rechts ist noch ein Plätzchen frei, doch werde ich harsch vom Unparteiischen
zurückgepfiffen als ich da rückwärts einparken will, denn ich solle den
Startbogen umrunden - um von hinten in die Startaufstellung zu gelangen. Ich
hole tief Luft, ….umrunde den Startbogen dann aber doch wortlos, denn Ober
sticht nun mal Unter!
Halb elf führt Andreas
Fischer das Starterfeld auf seinem Quad in die Einführungsrunde. In
Schleichfahrt geht’s hinunter nach Geyer, wo „der Sportmacher“ einige
Kunststücke aus Evel Knievel `s Trickkiste zum Besten gibt und dabei gar keine
schlechte Figur macht. Noch bevor der Applaus verhallt mündet der Weg in einen
Steilanstieg, wo das Rennen dann auch plötzlich freigegeben wird und ich mir
beinahe den angeschlagenen Nacken verrenke, als ich die folgenden Höhenmeter
taxiere. Patrick „Patte“ Oettel steht als erster in den Pedalen und gast wie
angestochen die steile Gasse hinauf. Aua. Folgen will Ihm hier nur Torsten
„Mütze“ Mützlitz, und auch der Straßenfahrer kann sich gerade so in Mütze`s
Hinterrad verbeißen. Zu dritt holpern wir über die sich anschließende Wiese,
hinüber zum Ana Mare und in die folgende Straßenauffahrt, wo Patte noch immer
voll am Gashahn zerrt. Mütze hat den Kanal voll und nimmt leicht raus, ich
schließe zu Patte auf. Wer hinter mir um Anschluss kämpft kann ich nicht sagen,
denn zum Umschauen bleibt mir keine Zeit, da Patte im Vollgasmodus in die
folgenden, ruppigen Downhill’s sticht. Sein Hinterrad kann ich trotzdem ganz
gut halten, auch wenn er es hier ganz ordentlich laufen lässt. Unten angekommen
findet das Spektakel dann aber sein jähes Ende, denn die Luft ist raus – aus
Pattes Reifen. Schade, hätte mich nämlich schon interessiert wie lange das Feuerwerk noch gebrannt hätte.
So geht es leider ohne Patte
in den folgenden Anstieg und hier ist dann auch erstmals Gelegenheit nach den
Überlebenden Ausschau zu halten. Guido und Mütze sind irgendwie
abhandengekommen, dafür ist Christian Groß und ein mir bislang unbekannter
Fahrer anwesend, der auch gleich in die Führung geht und ein erträgliches Tempo
anschlägt. Christian sieht hier auch noch keinen Handlungsbedarf sich an der
Tempoarbeit zu beteiligen, also lassen wir den Jungen Wilden erst mal gewähren,
damit er sich von seinen überzähligen Kraftreserven befreien kann. Die neuen
Trails in Richtung Schanze und auch der folgende Downhill bleiben hoffentlich
für die nächsten Austragungen erhalten, denn die sind eine wirkliche
Bereicherung für den ersten Teil der Strecke. Der Steilanstieg ist heute
flacher wie ich Ihn in Erinnerung hatte und wird von uns zügig erklommen. An
der Verbottelung hinterm Ana Mare greift Christian dann leider an seiner Bottel
vorbei, muss stoppen um nachzufassen, aber ich kann den Unbekannten Fahrer
davon überzeugen auf den Stormbiker zu warten, denn auf den Drückerpassagen des
zweiten Rundenteils werden wir noch jedes vorhandene Watt benötigen.
Christian schließt also
wieder auf, und von hinten kann ich jetzt auch Guido und Mütze ausmachen, die
sich sukzessive an unsere Gruppe herankämpfen und wenig später auch
aufschließen. Auf dem zweiten Rundenteil geht dann jeder mal durch die Führung
und interessant wird es erst wieder anfangs der zweiten Runde, wo Guidos Diesel
die Betriebstemperatur erreicht und er die Pace merklich erhöht. Den folgenden
langen Anstieg zur den Greifensteinen fahre ich von vorne, Christian und der
Unbekannte koppeln erst mal ab, da waren wir nur noch zu dritt. Guidos Diesel -
der den Großteil der Saison in der Werkstatt verbrachte - läuft jetzt ganz
solide, und so nutzt er den neuen Streckenabschnitt - hinunter zum
Schanzengelände - um nochmal die Downhillperformance des Straßenfahrers zu
testen, der heute aber irgendwie nicht abzuschütteln ist. Auch die
Steilauffahrt bringt keine Veränderung, wo uns Patte anfeuert, der das Rennen
nach Defekt aufgegeben hat.
Am Ana Mare werden wir von
unserer Krankenschwester nochmal verbottelt, dann geht’s wieder hinüber zum
zweiten Rundenteil mit den Schlammlöchern, der Schotterpassage und dem
Wurzelteppich, wo im wesentlichen Guido und der Straßenfahrer im Wind stehen.
Mütze sieht schon etwas abgekämpft aus, und langsam mache ich mir Gedanken wo
ich eine entscheidende Attacke setze sollte, als sich plötzlich Guidos
Hinterreifen mit einem lautstarken Blow-out vom Luftdruck befreit. Plattfuß!
Zum Abschied wünscht er uns noch allzeit gute Fahrt, koppelt ab, und ich stehe
mit Mütze plötzlich allein im Wind. Bis zum Ziel sind noch gute 15 Kilometer zu
drücken, aber wie schon gesagt, Mütze wirkt nicht mehr wirklich munter, und
viel Windschatten ist von Ihm auf den folgenden Drückerstücken auch nicht zu
erwarten. Also rucke ich kurz an, koppele Mütze ab und starte im Zeitfahrmodus
in die übrigen 15 Kilometer.
Fünf Kilometer vorm Ziel
lässt sich das Führungsmotorad zurückfallen, schließt wieder auf und gibt mir
einen 4 Minütigen Vorsprung auf meine direkten Verfolger bekannt. Ich habe noch
immer guten Druck auf dem Pedal und wiege mich schon beinahe in Sicherheit, als
mir plötzlich die Kette vom Blatt springt und sich in der Kurbel verklemmt. Im
Rollen kriege ich das nicht wieder flott und muss vom Bike. Cheiße, jetzt bloß
nicht noch die Kette beschädigen, die sich wirklich hartnäckig zwischen
Kurbelarm und Kettenblatt verklemmt hat. Irgendwie bekomme ich sie dann aber
frei, und schließe wieder zum Führungsmotorad auf, das an der nächsten
Abzweigung schon ungeduldig auf mich wartet. Sehr viel Zeit verliere ich hier
nicht, trotzdem ziehe ich nochmal ordentlich am Hahn, um den Sack endgültig
zuzumachen.
Nach 2:34:23 Std. ist es dann
geschafft, der Straßenfahrer überquert die Ziellinie als Sieger des
Mittelstreckenrennens über 60km. Mütze bricht auf den letzten Kilometern
gänzlich ein, und wird noch von Christian Groß und dem Unbekannten kassiert.
Christian Groß wird Zweiter mit 2:38:36 Std. und Dritter wird Stefan Przisambor
mit 2:38:38 Std., der mir bis dato unbekannt war - aber heute ein ganz solides
Rennen geliefert hat. Mütze wird mit wenig Rückstand Vierter und Guido holpert
mit 2(!)Platten und auf der Felge fahrend immerhin noch als Siebzehnter ins
Ziel. Wirklich schade, denn ohne seinen Reifenschaden hätte es bestimmt noch einen lustigen
Showdown gegeben!
Mal sehn was Samstag in
Eibenstock passiert. Ich bin gespannt….
Bleibt gesund und bis die
Tage.
Euer Straßenfahrer
Alles weitere zum Rennen und
den Ergebnissen guckst Du hier:
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