Donnerstag, 17. September 2015

Greifenstein Bike-Marathon





13.09.2015

Am Sonntagmorgen rolle ich halb sieben aus dem Bett. Und das noch bevor der Wecker klingelt, was ich als gutes Zeichen deute, da ich eigentlich schon die ganze Woche ein ausgewachsenes Schlafdefizit vor mir herschiebe. Auch die schmerzhafte Nackenverspannung, die mich schon seit einigen Tagen plagt, ist etwas abgeklungen – was wohl an der Wärmesalbe liegt die ich da gestern Abend aufgespachtelt habe. Hat sich also gelohnt, schon kurz nach dem Sandmännchen unter die Bettdecke zu kriechen und an der Matratze zu horchen, denn ich fühle mich heute relativ fit, was in meinem greisen Alter keine Selbstverständlichkeit mehr ist! So eine volle Mütze Schlaf ist halt durch nichts zu ersetzen.

Fürs gesamte Wochenende ist Spätsommer angekündigt, und tatsächlich, bereits um sieben in der Früh zeigt das Thermometer freundliche 17°C, der Himmel ist blau und die Sonne lunzt über den Horizont. Ich liebe solche Spätsommertage! Gemütlich ein paar Tassen Café schlürfen und eine Folge Columbo später - geht’s dann auf die dreiviertelstündige Reise nach Geyer. Auf beinahe Autofreien Straßen sind wir pünktlich, den Start des 90km Rennens verpassen wir trotzdem um eine Minute. Anne hat auch frei und übernimmt heute die Verbottelung, und als Krankenschwester natürlich auch die medizinische Betreuung, falls der Straßenfahrer einen ungeplanten Abstecher ins Unterholz machen sollte. Sicher ist sicher, in Geyer hat sich immerhin schon Westsachsens prominentester Mountainbiker den Nischel an einem Holzstapel eingerammelt!

Gemeldet bin ich diesmal fürs 60km Rennen, also die Mittelstrecke. Das passt einerseits ganz gut in den derzeitigen Rennkalender, andererseits kann ich es so mal ganz gemütlich angehen, da der Startschuss über 2 Runden erst halb elf erfolgt. Außerdem sollte man sich mit Ü40 auch nicht mehr unnötig abhetzen. Bei der Startnummernausgabe treffe ich Vereinskollege Guido – den Peter Frankenfeld der westsächsischen MTB-Szene – der auch für die Mittelstrecke meldet und heute ebenfalls von Anne betreut wird. Im Bedarfsfall natürlich auch medizinisch, man weiß ja nie! Immerhin zählen wir zusammen schon stattliche 82 Lenze.

Zum Einrollern nehme ich mehrfach die Straßenauffahrt hinterm Ana Mare unter die Reifen, lasse mir von Anne über die Schulter spucken, stelle noch eine Stange Wasser in die Ecke und trudele kurz vor knapp am Startbogen ein, der vom Wind bedrohlich nach hinten geneigt wird und dann beinahe die zweite Startreihe unter sich begräbt. Vorne rechts ist noch ein Plätzchen frei, doch werde ich harsch vom Unparteiischen zurückgepfiffen als ich da rückwärts einparken will, denn ich solle den Startbogen umrunden - um von hinten in die Startaufstellung zu gelangen. Ich hole tief Luft, ….umrunde den Startbogen dann aber doch wortlos, denn Ober sticht nun mal Unter!

Halb elf führt Andreas Fischer das Starterfeld auf seinem Quad in die Einführungsrunde. In Schleichfahrt geht’s hinunter nach Geyer, wo „der Sportmacher“ einige Kunststücke aus Evel Knievel `s Trickkiste zum Besten gibt und dabei gar keine schlechte Figur macht. Noch bevor der Applaus verhallt mündet der Weg in einen Steilanstieg, wo das Rennen dann auch plötzlich freigegeben wird und ich mir beinahe den angeschlagenen Nacken verrenke, als ich die folgenden Höhenmeter taxiere. Patrick „Patte“ Oettel steht als erster in den Pedalen und gast wie angestochen die steile Gasse hinauf. Aua. Folgen will Ihm hier nur Torsten „Mütze“ Mützlitz, und auch der Straßenfahrer kann sich gerade so in Mütze`s Hinterrad verbeißen. Zu dritt holpern wir über die sich anschließende Wiese, hinüber zum Ana Mare und in die folgende Straßenauffahrt, wo Patte noch immer voll am Gashahn zerrt. Mütze hat den Kanal voll und nimmt leicht raus, ich schließe zu Patte auf. Wer hinter mir um Anschluss kämpft kann ich nicht sagen, denn zum Umschauen bleibt mir keine Zeit, da Patte im Vollgasmodus in die folgenden, ruppigen Downhill’s sticht. Sein Hinterrad kann ich trotzdem ganz gut halten, auch wenn er es hier ganz ordentlich laufen lässt. Unten angekommen findet das Spektakel dann aber sein jähes Ende, denn die Luft ist raus – aus Pattes Reifen. Schade, hätte mich nämlich schon interessiert wie lange das Feuerwerk noch gebrannt hätte.

So geht es leider ohne Patte in den folgenden Anstieg und hier ist dann auch erstmals Gelegenheit nach den Überlebenden Ausschau zu halten. Guido und Mütze sind irgendwie abhandengekommen, dafür ist Christian Groß und ein mir bislang unbekannter Fahrer anwesend, der auch gleich in die Führung geht und ein erträgliches Tempo anschlägt. Christian sieht hier auch noch keinen Handlungsbedarf sich an der Tempoarbeit zu beteiligen, also lassen wir den Jungen Wilden erst mal gewähren, damit er sich von seinen überzähligen Kraftreserven befreien kann. Die neuen Trails in Richtung Schanze und auch der folgende Downhill bleiben hoffentlich für die nächsten Austragungen erhalten, denn die sind eine wirkliche Bereicherung für den ersten Teil der Strecke. Der Steilanstieg ist heute flacher wie ich Ihn in Erinnerung hatte und wird von uns zügig erklommen. An der Verbottelung hinterm Ana Mare greift Christian dann leider an seiner Bottel vorbei, muss stoppen um nachzufassen, aber ich kann den Unbekannten Fahrer davon überzeugen auf den Stormbiker zu warten, denn auf den Drückerpassagen des zweiten Rundenteils werden wir noch jedes vorhandene Watt benötigen.

Christian schließt also wieder auf, und von hinten kann ich jetzt auch Guido und Mütze ausmachen, die sich sukzessive an unsere Gruppe herankämpfen und wenig später auch aufschließen. Auf dem zweiten Rundenteil geht dann jeder mal durch die Führung und interessant wird es erst wieder anfangs der zweiten Runde, wo Guidos Diesel die Betriebstemperatur erreicht und er die Pace merklich erhöht. Den folgenden langen Anstieg zur den Greifensteinen fahre ich von vorne, Christian und der Unbekannte koppeln erst mal ab, da waren wir nur noch zu dritt. Guidos Diesel - der den Großteil der Saison in der Werkstatt verbrachte - läuft jetzt ganz solide, und so nutzt er den neuen Streckenabschnitt - hinunter zum Schanzengelände - um nochmal die Downhillperformance des Straßenfahrers zu testen, der heute aber irgendwie nicht abzuschütteln ist. Auch die Steilauffahrt bringt keine Veränderung, wo uns Patte anfeuert, der das Rennen nach Defekt aufgegeben hat.

Am Ana Mare werden wir von unserer Krankenschwester nochmal verbottelt, dann geht’s wieder hinüber zum zweiten Rundenteil mit den Schlammlöchern, der Schotterpassage und dem Wurzelteppich, wo im wesentlichen Guido und der Straßenfahrer im Wind stehen. Mütze sieht schon etwas abgekämpft aus, und langsam mache ich mir Gedanken wo ich eine entscheidende Attacke setze sollte, als sich plötzlich Guidos Hinterreifen mit einem lautstarken Blow-out vom Luftdruck befreit. Plattfuß! Zum Abschied wünscht er uns noch allzeit gute Fahrt, koppelt ab, und ich stehe mit Mütze plötzlich allein im Wind. Bis zum Ziel sind noch gute 15 Kilometer zu drücken, aber wie schon gesagt, Mütze wirkt nicht mehr wirklich munter, und viel Windschatten ist von Ihm auf den folgenden Drückerstücken auch nicht zu erwarten. Also rucke ich kurz an, koppele Mütze ab und starte im Zeitfahrmodus in die übrigen 15 Kilometer. 

Fünf Kilometer vorm Ziel lässt sich das Führungsmotorad zurückfallen, schließt wieder auf und gibt mir einen 4 Minütigen Vorsprung auf meine direkten Verfolger bekannt. Ich habe noch immer guten Druck auf dem Pedal und wiege mich schon beinahe in Sicherheit, als mir plötzlich die Kette vom Blatt springt und sich in der Kurbel verklemmt. Im Rollen kriege ich das nicht wieder flott und muss vom Bike. Cheiße, jetzt bloß nicht noch die Kette beschädigen, die sich wirklich hartnäckig zwischen Kurbelarm und Kettenblatt verklemmt hat. Irgendwie bekomme ich sie dann aber frei, und schließe wieder zum Führungsmotorad auf, das an der nächsten Abzweigung schon ungeduldig auf mich wartet. Sehr viel Zeit verliere ich hier nicht, trotzdem ziehe ich nochmal ordentlich am Hahn, um den Sack endgültig zuzumachen.


 
Nach 2:34:23 Std. ist es dann geschafft, der Straßenfahrer überquert die Ziellinie als Sieger des Mittelstreckenrennens über 60km. Mütze bricht auf den letzten Kilometern gänzlich ein, und wird noch von Christian Groß und dem Unbekannten kassiert. Christian Groß wird Zweiter mit 2:38:36 Std. und Dritter wird Stefan Przisambor mit 2:38:38 Std., der mir bis dato unbekannt war - aber heute ein ganz solides Rennen geliefert hat. Mütze wird mit wenig Rückstand Vierter und Guido holpert mit 2(!)Platten und auf der Felge fahrend immerhin noch als Siebzehnter ins Ziel. Wirklich schade, denn ohne seinen Reifenschaden hätte es bestimmt noch einen lustigen Showdown gegeben!

Mal sehn was Samstag in Eibenstock passiert. Ich bin gespannt….

Bleibt gesund und bis die Tage.

Euer Straßenfahrer


Alles weitere zum Rennen und den Ergebnissen guckst Du hier:





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