„Der Mensch verändert sich
wenn er alt wird. Die Zeit hinterlässt ihre Spuren. Die jugendliche
Ausstrahlung geht langsam flöten, die Haut wird faltig und schlaff, das Haar
wird grau oder fällt aus, genau wie die Zähne. Die Leistungskraft lässt mehr
und mehr nach. Das, was früher wie selbstverständlich von der Hand ging, ist
nicht mehr oder nur noch mit großer Anstrengung möglich. Kaum zu glauben , und
in jungen Jahren nur schwer vorstellbar, was da auf einen zukommt“. „Aber auch
der Intellekt des Menschen verändert sich. Wir häufen im Laufe der Jahre Wissen
und Erfahrungen an. Unsere Entscheidungen werden durch unser Alter beeinflusst.
Die Lebenserfahrung macht uns „weiser" und „ruhiger“.
So, oder so ähnlich, steht’s
jedenfalls im Seniorenleitfaden, welcher dem letzten Rentenbescheid beilag.
Klingt alles ziemlich bedrohlich…..aber ja, der Straßenfahrer scheint in die
Jahre zu kommen.
Die Schnürsenkel bekommt der
alte Mann immerhin noch selbstständig zugebunden, draußen lacht die Sonne und
die Dritten kleben, dank Power-Haftcreme, heute erstaunlich fest an der
Kauleiste. Gut so, denn auf den holprigen Feldwegen, rund um die Ronneburger
Halde, startet an diesem Samstag für den Straßenfahrer das erste Rennen der
Saison.
Eigentlich ein recht später
Saisoneinstieg, aber: „Im Alter muss man sich etwas schonen“ , - um meine Oma
hier mal zu zitieren. Der Straßenfahrer geht es also locker an, aber wenn man
straff auf die Fünfzig zusteuert, dann muss man sich seine Kräfte auch gut
übers Jahr einteilen. Und das Schönste kommt ja sowieso erst in der zweiten
Jahreshälfte.
Na dann,……Rock ‘n Roll…
Der Startblock der
Mittelstrecke platzt aus allen Nähten. Beinahe alle Heizer haben sich für die 2
Runden entschieden, und bereits im Vorfeld wird klar, dass das heute ein
lustiges Tänzchen um die zu vergebenden Podestplätze und die Unsummen an
Siegesprämie wird.
12:15 Uhr, …..Die Sonne
strahlt vom Wolkenlosen Himmel, der frische Frühlingswind bläst straff aus
Richtung Ost und die Meute scharrt ungeduldig mit den Hufen. Kurz vor knapp
unterzieht der WAV traditionell die ersten Startreihen einer technischen
Sicherheitskontrolle, und ich bin schon gespannt wen er sich diesmal aus der
Meute krallt. Lange braucht der Unparteiische nicht suchen, dann fällt Ihm Dr.
O bzw. dessen Barends ins Auge, die auf beiden Seiten mit ohne Abdeckung
daherkommen. Auauau…Ein absolutes NO-GO, …..heißer Diskussionsbedarf…..böse
Blicke…..aber kurz bevor der WAV gänzlich die Contenance verliert, macht sich
unser Doktor dann doch auf die Socken und demontiert die Ziehhilfen noch
schnell vom Gerät.
12:20 Uhr geht’s dann auf die
Reise, und mit Rückenwind den Anstieg zur Einführungsrunde hinauf. Die Pace
macht Markus Thiel – das Tretungeheuer aus Aue – in dessen Windschatten sich
ganz bequem reisen lässt. Hoch ist das Tempo jedenfalls nicht, die Meute macht
auch noch keine wirklichen Anstalten einer Tempoverschärfung, und so geht’s mit
Halbgas über die Kuppe und in die erste Abfahrt zum Schotterweg, den ich dann
lieber von vorne fahre um größeren Gerangel aus dem Wege zu gehen.
Mit Halbgas geht es dahin,
und richtig interessant wird es dann erst auf den letzten 500 Metern vorm
Wäldchen. Der Straßenfahrer latscht kurz drauf, überquert den Dorfbach als
Erster und führt die Meute durch die kleine Parkanlage - in die erste Runde
hinein, wo uns die Dorfkapelle mit Pauken und Trompeten einen zum Besten gibt.
Noch immer in erster
Position, geht es den folgenden Feldweg hinab, wo mir leider ein folgenschweres
Missgeschick unterläuft. „Die alten Stelzen sind heute recht willig“….,
phantasiert der alte Mann so vor sich hin, bremst für den nächsten
Links-Abzweig an, und will den Hobel gerade einlenken , als seitlich von hinten
plötzlich lautstarkes Gezeter ertönt. „GERADEAUS“!!!!.....brüllt es neben mir.
„GERADEAUS“!!!! Komisch……ging doch eigentlich immer nach links……denke ich, und kann
den Hobel gerade noch abfangen, als ich neben mir erkenne wen ich da beinahe abgeräumt
hätte. Bitte glaubt mir….wirklich keine Absicht….und purer
Zufall….schwöre….denn da hätte ich beinahe einen ganz….einen ganz-ganz großen
der internationalen Geländeschnellfahrszene abgeräumt! Ihr ahnt es schon und
kennt ihn alle: „Den Einzigartigen, oft
kopierten, aber selten erreichten, mehrfachen Deutschen Masters Meister im XCO
und Marathon!!!
Junge Junge…da hat der
Straßenfahrer wirklich großes Glück,….auch wenn jetzt leider keine Zeit mehr
bleibt um den Meister nach einem Autogramm zu fragen, denn der alte Mann rollt
plötzlich im Kniehohen Gras, während in den niedergedrückten Fahrspuren, die
Meute – links und rechts – überholt und am Gashahn zerrt. Der Straßenfahrer
wird durchgereicht….Na Klasse!
In eine Fahrspur lassen will
mich natürlich keiner, also drücke ich bis zur Brücke mitten durch die Weide
und versuche im folgenden Wiesenanstieg den Anschluss zur Spitzengruppe wieder
herzustellen. Vorne geht indes die Post ab, was den Anschuss bis zum folgenden
Straßenabschnitt leider verhindert. Mit viel Drückerei und deutlich im Laktat
erreiche ich die Gruppe um meine Teamkollegen Guido, Christian, Mike und Sven,
während die Spitzengruppe um Anton Albrecht, Renzo Wernicke, Markus Thiel,
David Seidel, Dr. O und natürlich dem Meister aller Meister, schon einige Meter
enteilt ist.
Auch Ex-Teamkollege KaiRo und
Thomas Aurich bereichern unsere Verfolgergruppe, wobei letzterer auf den
folgenden Flachstücken ordentlich Führungsarbeit leistet und ganz solide am
Lenker zieht. Respekt! Viel kann der alte Mann auf der ersten Runde nicht
beisteuern, denn der greise Körper ist noch immer mit Lakatatabbau beschäftigt,
aber Fahrer Aurich fährt ja eh meist von vorn. Hin und wieder ein kurzer
Führungswechsel, mit Druck über die Halde bolzen, dann war’s das auch schon für
Runde eins.
Mit neuer Bottel und etwas
Gel unter der Zunge geht’s in die zweite und finale Runde, wo der Körper so
langsam wieder Kampfbereitschaft signalisiert. Artig und in Reihe holpern wir
durch die Trails, erklimmen die ruppigen Böschungen und drücken über die Asphaltpassagen
in Richtung Halde. Am langen und leicht ansteigenden Feldweg lässt Teamkollege
Sven Püschel dann das Gas stehen, worauf der Straßenfahrer schon deutlich den
Kopf einziehen muss, um nicht aus dessen Windschatten zu purzeln. Hinter uns
wird es indes recht ruhig, und tatsächlich haben bis zum nächsten Abzweig alle
anderen Heizer abgekoppelt. Na guck, da hat der Sven ganz schön draufgetreten,
denn nach hinten ist schon eine deutliche Lücke aufgerissen. Naja…..nach vorne
schauen….denn da wartet zum zweiten Mal der ungeliebte Holperweg am Feldrand
auf uns. Sven fährt von vorne, und der alte Mann muss sich schon ordentlich
strecken um an Svens Fully dranzubleiben. Der gleitet recht solide über das
ruppige Geholper, und hat sich am Abzweig ca. 10 Meter herausgefahren. Warten
tut er nicht, der Sven, weil er schlau ist, also versuche ich bis zur Halde
nochmal anzukoppeln, was nicht wirklich gelingt, denn das Missgeschick der
ersten Runde steckt mir noch spürbar in den Beinen.
Vor uns und in Sichtweite
kurbeln die Heizer Seidel und Ortmann, die wohl aus der Spitzengruppe geplatzt
sind, aber um das Duo jetzt noch zu erreichen, müsste der Sven schon auf den
alten Mann warten. Zusammen würden wir hier wohl deutlich mehr Fahrt machen.
Naja….schade!
So drücken wir das Ding dann eben
in Alleinfahrt bis zum Ende, die Abstände bleiben wie sie eben sind, und so
belegt der Sven Platz 7 und der Straßenfahrer finisht auf Platz 8 dahinter.
Artig entschuldige ich mich
noch beim Meister, wegen meines dummen Fahrfehlers, aber der guckt recht
bedröppelt und macht nicht viel Worte,….da er scheinbar noch an der Niederlage
gegen U25 Nachwuchstalent Anton Albrecht kaut, der den Meister um seinen verdienten
Sieg gebracht hat. Naja….shit happens. Das Leben ist eben eines der Härtesten!
Bis die Tage, und bleibt
schön locker…
Euer Straßenfahrer
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